"Immer wieder und nie genug"
Axel Prahl und Andreas Dresen begeistern mit ihrer Band die volle Stadthalle
Fotos: Kathrin Noll
29.07.2017 / SCHLÜCHTERN -
Warum der Abend so zu Herzen geht? Das hat viele Gründe. Der Kuki-Verein hat zum dritten Mal die Band von Andreas Dresen und Axel Prahl eingeladen und die Schlüchterner Stadthalle platzt aus allen Nähten. 500 Leute sind da und erleben einen Abend voller Poesie, Leidenschaft und rumpelndem Rock. Tief aus der Seele tauchen sie auf wie alte Bekannte: die alte Sehnsucht, die wütende Liebe und der Hunger nach Leben.
Viele erinnern sich an das legendäre Konzert, bei dem kurzzeitig der Strom ausfiel und der musizierende Schauspieler unversehens die Konzertbesucher einspannte: „Es geht doch nichts über ein gemeinsam gesungenes Lied“ schallte seinerzeit durch den Park am Kuki-Zelt – und auch in der Stadthalle reißt es die Leute wieder von den Stühlen. Zwischendurch nimmt Axel Prahl einen Schluck regionales Bier und wundert sich über dessen Namen: „Schlapper Seppel – habt ihr uns das absichtlich hingestellt?“, und erzählt auf seine wunderbar lakonische Art, wie es ihn und Regisseur Andreas Dresen in die Arme der Musik getrieben hat. Premiere hatten die beiden, unterstützt von der Lausitzerin Gabriele Maria Schmeide, 2008 in Berlin bei einem Gundermann-Gedenkkonzert. Dass sie am Ende von 3500 Leuten gefeiert wurden, hat ihnen wohl so etwas wie einen positiven Schock versetzt.
Und Lust auf alte Lieder geweckt: Mit Gitarrist Jürgen Ehle, Harry Roswog am Bass, Jens Quandt an den Keyboards und Schlagzeuger Nikolai Ziel haben Prahl und Dresen eine wackere Crew versammelt, welche die beiden Kapitäne sicher durch die Wogen deutsch-deutscher Liedermacherkunst begleitet.
Deutsch: Was für eine reiche und wundervolle Sprache! Wenn man die Texte von Gerhard Gundermann hört, dem legendären Baggerfahrer aus der Lausitz, dann ist der Sommer zu spüren, der Zauber und der Fluch des Kind-Seins, das Unbehagen in der herrschenden Kultur der Ex-DDR, aber auch die Einzigartigkeit der Liebe und die unbändige Lust am Leben. 1998 starb Gundermann mit Anfang 40 an einem Hirnschlag, was er geschaffen hat, dauert fort. Im Herbst beginnt Andreas Dresen mit einem Film über den Liedermacher – und selbstverständlich spielt Axel Prahl auch wieder mit. Warum? Gundermann gibt Antwort: „Das war mein zweitbester Sommer/Ich schlürf ihn aus bis zum letzten Zug/Ich will das alles hier haben/Und immer wieder und nie genug.“ Dem Publikum scheint es auch so zu gehen: Nach mehreren Zugaben erst dürfen die Jungs von der Bühne. (Dorothee Müller)+++