Warum heißen die so? (23)

SV „Chattia“ Ulrichstein – Erinnerung an historische Vergangenheit


Montage: Nicole Funke

26.07.2017 / FUSSBALL - Sie heißen Germania, Buchonia, Alemannia, Britannia oder Chattia. Sieht man sich im Fußball-Raum Osthessen um, stechen einem die teils kuriosen Namen der Vereine ins Auge. In der neuen Serie von ON|Sport gehen wir deren Geschichte und Bedeutung auf den Grund. Im 23. Teil geht es um den SV „Chattia“ Ulrichstein.



Es war kurz nach dem 1. Weltkrieg - in den Jahren 1919/1920 - als der damalige örtliche Schulleiter, Lehrer Breitwieser, in Hessens Bergstädtchen Ulrichstein die sportlichen Bestrebungen der heimischen Jugend ordnete und 1921 den Sportverein „Chattia“ gründen half. Der Name wurde aus der historischen Vergangenheit gewählt und die Vereinsfarben blau-gelb entsprachen den Stadtfarben.

Die Chatten waren einst ein germanischer Volksstamm, der im Bereich der Täler von Eder, Fulda und des Oberlaufes der Lahn seinen Siedlungsschwerpunkt hatte, was zu großen Teilen dem heutigen Niederhessen, Oberhessen, Nordhessen und zum Teil Mittelhessen entspricht. Die Bezeichnung Hessen ist möglicherweise eine spätere Abwandlung des Stammesnamens der Chatten, dann wären sie auch Namensgeber des heutigen Hessens.

In unserer Region ist der Name „Chattia“ zwar noch häufiger zu finden, allerdings nicht als Sportverein, sondern eher bei den Studentenverbindungen. So die Pennale Burschenschaft Friedberg zu Hamburg, die Landsmannschaft Chattia zu Marburg, die Wingolfsverbindung Chattia zu Würzburg oder den Zirkel Chattia Gießen. Im Raum Gießen ist aber auch der „Chattia Sängerbund“ beheimatet. Und schließlich gibt es noch eine „Chattia“-Quelle, die 1982 zusammen mit der Elisabethen-Quelle zur Hassia & Luisen Mineralquellen Bad Vilbel integriert werden. Doch zurück zur „Chattia“ Ulrichstein.

Das erste Jahrzehnt der Vereinsgeschichte war durch besondere Emsigkeit geprägt. Zahlreiche Pokale und Urkunden zeugen heute noch davon. Neben Fußball wurde auch die Leichtathletik gefördert und bei vielen Sportfesten leichtathletische Übungen ausgeschrieben. Ab 1934 wurde Fußball mehr und mehr durch andere Aufgaben verdrängt: Wehrsportliche Belange traten in den Vordergrund.

Nach 1945 kam ein neuer Aufbau. Am 20. April 1946 wurde Altbürgermeister Karl Appel zum 1. Vorsitzenden der „Chattia“ gewählt. Nach Genehmigung der US-Regierung in Lauterbach durfte wieder Sport betrieben werden.
1959 wurde „In der Struth“ ein neuer Sportplatz mit einem Sportheim gebaut. Letzteres wurde inzwischen mehrfach an- und umgebaut.

Der Sportverein „Chattia“ hat derzeit 512 Mitglieder und gliedert sich auf in die Abteilungen Fußball, Tischtennis, Damengymnastik- und Jazztanzgruppe, Kinderturngruppe sowie die Volleyball-, Reha Herz- und Diabetessportgruppe. Vorsitzender ist Reinhold Stein. (Dieter Graulich) +++

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