Bundesinnenminister redet Klartext
de Maizière: "Kriminelle Chaoten haben Gewalt in Hamburg verursacht"
Fotos: Julius Böhm
12.07.2017 / BAD ORB -
Amok, Terror, interne Krisen- und Sicherheitsdebatten nach Köln und jüngst Hamburg - Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat als Verantwortlicher für die innere Sicherheit in Deutschland wahrlich keinen leichten Job. Er versuchte Antworten auf einige offene Fragen zu geben, als er am Dienstag auf Wahlkampfbesuch bei CDU Generalsekretär Dr. Peter Tauber in Bad Orb war.
"Unserem Land geht es gut. Das belegen alle Zahlen. Auch wenn man die Menschen fragt. Aber es gibt eine unglaubliche Diskrepanz zwischen der objektiv guten Situation und einem subjektiven Unsicherheitsgefühl, das sich breit macht", so de Maizière zu den 300 CDUlern in Bad Orb. Er befürchtet einen Grund dafür: Gerade weil es den Deutschen aktuell so gut geht, machen sie sich Gedanken, ob das bei all dem Wandel in der Welt so bleiben kann.
Verlässlicher Wandel bedeute aber auch Veränderung, ohne an Sicherheit zu verlieren. "Dafür braucht es genug gut ausgebildete Polizisten, eine gute Ausstattung und entsprechende Befugnisse", zählte de Maizière auf. In der vergangenen Legislaturperiode habe die Union viele teils umstrittene Gesetze auf den Weg gebracht, die aber helfen würden, Straftätern und Terroristen auf die Spur zu kommen. "In jedem Kaufhaus wird jeder Quadratmeter überwacht. Werden aber Gefahrenplätze mit Kameras ausgestattet, spricht jeder gleich vom Überwachungsstaat." Auch den sogenannten Staatstrojaner verteidigte er: "Wieso gilt für Skype-Anrufe und WhatsApp-Nachrichten nicht das gleiche wie für Telefon und SMS? Es kann und will kein Innenminister alle Nachrichten lesen. Aber diese Befugnisse helfen uns, Straftaten aufzudecken und zu vereiteln."
Keine vier Tage nach dem G20-Gipfel in Hamburg und den heftigen Krawallen, die das Treffen der Staats- und Regierungschefs überschatteten, versuchte de Maizière auch dafür Antworten zu liefern. Zum Beispiel: Warum in Deutschland und ausgerechnet in Hamburg? "Als Exportweltmeister und hochgradig angesehenes Land in der Welt können wir uns von der Rolle als Gastgeber nicht ausschließen. Dafür sind Kraft und Selbstbewusstsein dieser Nation viel zu groß", erklärte er, "es kamen teils Delegationen mit hunderten Mitarbeitern der Staatschefs. Über 10.000 Menschen. Außerdem noch 6.000 Journalisten aus aller Welt. So etwas lässt sich nicht irgendwo auf dem Land austragen. Das geht nur noch in einigen wenigen deutschen Städten. Deshalb Hamburg."
Außerdem können man sich von "kriminiellen Chaoten", wie er die gewalttätigen Demonstranten von Hamburg nannte, nicht Vorschreiben lassen, wo und wann Angela Merkel ihre Kollegen einlädt. Die Aussage von Justizminister Heiko Maas, solch eine Veranstaltung könne nicht mehr in deutschen Großstädten stattfinden, verneinte er strikt: "Das wäre eine Kapitulation des Rechtsstaats gegenüber diesen Chaoten und dazu bin ich nicht bereit."
De Maizière sprach aber auch aus, wie angewidert er von der Gewalt auf den Straßen war. "Es wurde mit Stahlkugeln geschossen und Polizisten schwer verletzt. Es wurden Gehwegplatten auf Hausdächer geschleppt - das hat mit Wut nichts zu tun. Das war genau geplant."
Hat die Polizei versagt?
Nach den bürgerkriegsähnlichen Zuständen in der Hansestadt am Wochenende wird seit Tagen nach Verantwortlichen für die Gewaltexzesse gesucht. "Die Schuld bei der Polizei zu suchen, verkehrt das Bild völlig", stellte er sich vor die Beamten, "kriminelle Chaoten haben das verursacht. Nicht die Polizei. Es waren Sondereinheiten, die eigentlich gegen Terrorgefahren eingesetzt werden, nötig, um diese Gewalt aufzulösen. Das zeigt das Ausmaß der Zerstörung. Keine Ideale oder Ziele rechtfertigen, auf der Straße Gewalt anzuwenden", so der Bundesinnenminister.