Festspiel-Stars im Portrait (4)
Yorick R.R. Tortochaux als junger König Alexander, der aus dem Schrank regiert
Fotos: Gudrun Schmidl
30.06.2017 / BAD HERSFELD -
Schon sein Name ist besonders. Yorick R. R. Tortochaux hat französische Wurzeln, wurde in Alès in Südfrankreich in der Nähe von Marseille geboren. Die beiden Rs stehen für Roland und Robert. Im Kindergartenalter ist er nach Deutschland gekommen, als Jugendlicher ist er nach Kassel gezogen. Hier wurde sein junges Leben in der Jean-Paul-Schule in Kassel von seinem Lehrer Michael Pohlner, der auch die Theater-AG leitete, positiv beeinflusst. „Er hat mich nicht nur in die Theaterwelt gebracht, sondern auch aufgebaut“, ist er dem Pädagogen, mit dem er inzwischen befreundet ist, sehr dankbar. Gern erinnert er sich an seine erste Rolle im Schultheater. Er war in der zehnten Klasse, als „Draußen vor der Tür“ von Wolfgang Borchert inszeniert wurde, in dem er in der Hauptrolle als Beckmann auf der Bühne brillierte.
Im Februar dieses Jahres hat Yorick Tortochaux die Bühnenreife an der Schauspielschule Kassel unter der künstlerischen Leitung von Meyerhold-Enkelschüler Viktor Dell erlangt. Sein schauspielerisches Können kann er gerade in seiner Rolle als „Junger König Alexander“ in dem Festspielmärchen „Das tapfere Schneiderlein“ unter Beweis stellen. Eine Rolle, die alles andere als einen mächtigen König zeigt. Im Gegenteil.
Der König ist zwar ein erwachsener Mann, auf seine Aufgabe aber überhaupt nicht vorbereitet. Äußerlich erledigt er seinen Job, will Stärke zeigen, rüstet sein Militär auf, was zur Folge hat, dass auch die Nachbarstaaten aufrüsten. Überwältigt von seiner Angst und vor Intrigen verkriecht er sich in einem Schrank, für ihn ein geschützter Raum, von dem aus er wie aus einem Büro agiert. Nur zu seiner Schwester, Prinzessin Caroline, hat er großes Vertrauen, beschreibt Yorick Tortochaux sein Rollenprofil. Wenn der junge Schauspieler wirklich König von Deutschland wäre, würde er sofort mit einem ganz einfachen Mittel für Transparenz sorgen. „Technisch wäre es doch für Interessierte längst möglich, via Live-Stream bei politischen Debatten, Sitzungen und Konferenzen dabei zu sein. Da werden Sachen verhandelt, die uns alle angehen und ungefiltert beim Wähler ankommen könnten“.
Yorick Tortochaux kämpft für seinen Wunschberuf, hat den nötigen Ehrgeiz und zeigt Einsatz, weil er sich beruflich nirgends anders sehen kann. Sein zwischenzeitliches Philosophie-Studium hat er abgebrochen, nachdem ihm klar war: „Schauspiel war gut für mich“, denn er arbeitet nicht vorrangig des Geldes wegen, sondern will vor allem gute Arbeit abliefern. Er wünscht sich interessante Rollenangebote aktuell und für die Zukunft, denn die Schauspielarbeit ist ein Gewinn für sein angestrebtes Studium. Mit allen möglichen Kunstrichtungen, zu dem auch Tanz und Gesang gehören, kann er viel für die Theater-Regie lernen. Mit Interesse verfolgt er die Produktionen am Staatstheater Kassel und dem Jungen Theater Göttingen, die er regelmäßig besucht.
Yorick Tortochaux hat sein verlerntes Französisch inzwischen aufgefrischt. „Ich liebe Frankreich, da könnte ich gut leben“, wagt er einen Blick in die Zukunft. Das von ihm geschätzte besondere Lebensgefühl der Franzosen beschreibt er so: „Die Deutschen sind die Denker, die Franzosen die Fühler. Das sehe ich aber nicht negativ“, denn: „Ich bin in Deutschland aufgewachsen, habe mich hier entwickeln können und wurde ausgebildet. Arbeiten will ich auf jeden Fall in Deutschland“, betont er und weiß auch schon ganz genau, was er als Regisseur als erstes Stück inszenieren wird: „Draußen vor der Tür“ von Wolfgang Borchert.
Informationen unter www.bad-hersfelder-festspiele.de. Die verbleibenden Vorstellungen des Märchenstücks sind ausverkauft. (Gudrun Schmidl) +++