Klage von ver.di
Verwaltungsgericht Kassel: Sonntagsarbeit bei Amazon rechtswidrig
Luftbild: Harald Friedrich
14.06.2017 / BAD HERSFELD -
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Kassel hat entschieden, dass die vom Regierungspräsidium Kassel für den 21.12.2014 zu Gunsten der Amazon Logistik GmbH erteilten Bewilligungen zur Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonntagen in zwei Logistikzentren in Bad Hersfeld rechtswidrig waren.
Das Gericht schreibt zur Begründung: "Die Beigeladene betreibt am Standort Bad Hersfeld zwei Logistikzentren, in denen Bestellaufträge ausgeführt werden, die über die Internetseite www.amazon.de ausgelöst werden. Die Beigeladene ist ein Logistikdienstleister sowohl für das Unternehmen Amazon Deutschland als auch für zahlreiche andere Unternehmen, die Produkte über diese Internetseite verkaufen. Produktbestellungen sind über das Internet 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche möglich. Die Endkunden sind bei ihren Bestellungen über die Plattform www.amazon.de nicht an Ladenöffnungszeiten gebunden. Durch zwei gesonderte Bescheide vom 10.12.2014 bewilligte das Regierungspräsidium Kassel auf Antrag von Amazon die Beschäftigung von bis zu 900 Beschäftigten für die Sonntage am 14. Und 21.12.2014. Hiergegen erhob die ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerk schaft e.V. am 19.12.2014 Klage, die die 3. Kammer des Gerichts für begründet hält.
Die Kammer hat zur Begründung ausgeführt, dass gemäß § 9 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen. Abweichend von diesem Grundsatz könne gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 2 lit. B ArbZG bewilligt werden, Arbeitnehmer an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen im Jahr zu beschäftigen, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens dies erfordern. Diese Voraussetzungen lagen nach Ansicht der Kammer im konkreten Fall nicht vor. Die Bewilligungen der Sonntagsarbeit seien jedenfalls nicht zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens im Sinne von § 13 Abs. 3 Nr. 2 lit. B ArbZG erforderlich gewesen. Unter Schaden im Sinne von § 13 Abs. 3 Nr. 2lit. B ArbZG sei jeder Nachteil zu verstehen, den der Arbeitgeber infolge der besonderen Verhältnisse erleiden würde. Dies könnten insbesondere Schadensersatzansprüche von Kunden, Vertragsstrafen, entgangene Aufträge sowie der Verlust von Kunden sein. An einer substantiierten Darlegung des zu erwartenden Schadens und seiner Unverhältnismäßigkeit fehlt es jedoch.
Die Beigeladene hat zum zu befürchtenden Schaden weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren belastbare Tatsachen vorgetragen. Nach Auffassung der Kammer kann es insoweit nicht schon genügen, wenn die Beigeladene in ihren Anträgen pauschal vorträgt, dass sie infolge ausbleibender Sonntagsbeschäftigung vertraglich gegenüber ihren Lieferanten für nicht angenommene Ware sowie ihren Kunden gegenüber für nicht rechtzeitig innerhalb des von ihnen gewünschten Zeitrahmens gelieferte Ware hafte.
Gegen das Urteil können die Verfahrensbeteiligten Antrag auf Zulassung der Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof stellen.+++