Vom VG Kassel "vollumfänglich bestätigt"
Straßenbeiträge sind rechtens - IG Sachsenhausen will Beschwerde einlegen
Fotos: Julius Böhm / Archiv / IG Sachsenhausen
15.05.2017 / EICHENZELL -
Aufgrund der medialen Diskussionen in den letzten Monaten zum Thema „Straßensanierung Sachsenhausen“ teilt die Gemeinde Eichenzell mit, dass mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Kassel vom 11.05.2017 die erstellten Vorausleistungsbescheide zum Straßenbeitrag vollumfänglich bestätigt und den Antrag der Widerspruchsführer als unbegründet abgelehnt hat. Sie führt u. a. aus, dass so wörtlich: „Die Kammer hat keine ernstlichen Zweifel daran, dass die von der Antragsgegnerin durchgeführten Baumaßnahmen einen beitragsfähigen Um- und Ausbau im Sinne §11 Abs. 1 HessKAG darstellen“.
- Straßenbeitragssatzung der Gemeinde Eichenzell: rechtmäßig
- Anhörung der Anlieger – Beteiligung Ortsbeirat: verfahrenskonform durchgeführt
- Erneuerungsbedürftigkeit von Straße, Gehwege und Straßenbeleuchtung: gegeben
- Schätzungen und Prognosen zu den Vorausleistungsbescheiden: bestätigt – kein Zweifel an der Höhe der geltend gemachten Vorausleistungen
- Abfindungszahlung des Landkreises: nicht beitragsmindernd
- Gewählter Ausbau und Aufbau der Straße: als erforderlich eingestuft
- Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO2012): keine unmittelbare rechtliche Bindung für die Gemeinde
- Verkehrszählung zur Einstufung: lt. Gericht irrelevant
- Einstufung als Wohnweg oder Wohnstraße: fernliegend
- Einstufung des beitragsfähigen Aufwands im Verhältnis 50 % Gemeinde und 50 % Anlieger:
bestätigt (überwiegend dem innerörtlichen Durchgangsverkehr dienend)
- Wendehammer: wurde zu Recht bei der Veranlagung nicht berücksichtigt
- Bahngrundstück: muss nicht in die Veranlagung einbezogen werden
Die Gemeinde Eichenzell begrüßt in ihrer Pressemittteilung die klare und eindeutige Stellungnahme des Gerichts zu den vorliegenden Einwänden. Somit bestehe nun die Möglichkeit, die Maßnahme zügig und ohne weitere rechtliche Auseinandersetzungen abzuschließen. Weiter haben alle Betroffenen die Möglichkeit, aufgrund der klaren Aussagen im Eilverfahren ihre Einwendungen zu überdenken und für sich nicht noch mehr unnötige Verfahrenskosten zu verursachen.
In Sachsenhausen seien einige „Faustpfände“ zu sehen, die sich Anlieger für die Umsetzung ihrer Interessen als Druckmittel zurückbehalten haben. Die Gemeinde Eichenzell versuchte in der Vergangenheit hier einen Kompromiss durch das Verbreitern von Verkehrsflächen und unter Einbeziehung der bisher auch als Straßen- und Gehwegflächen (seit über 50 Jahren) genutzten Flächen zu erreichen. Dass dies nicht gelungen ist, ist aus Sicht der Gemeinde bedauerlich. Was aufgrund mangelnder Verhandlungsbereitschaft einiger Anlieger daraus geworden sei, zeigten beispielsweise Blumenkübel, die im Ausbaubereich postiert wurden. Die IG Sachsenhausen argumentiere, dass dies die Schuld der Gemeinde sei, diese hätte ja vorher Vertragsverhandlungen führen können. Die praktizierte Verfahrensweise, nach einer Maßnahme die Grenzen mit einem Grenzregelungsverfahren zu regulieren, habe in der Vergangenheit immer funktioniert. Damit wären die, übrigens seit über 50 Jahren genutzten Verkehrsflächen, einfach nur klargestellt worden. Jedoch könne sich eine Gemeinde im Beitragsrecht nicht auf Forderungen einlassen, unrechtmäßige Kompromisse, wie beispielsweise eine Beitragsaufteilung 60/40, eine Anrechnung von Fördermitteln (nicht zulässig – dient der Reduzierung der Gemeindelast) etc. - zu schließen.
Kläger im Eilverfahren legen Beschwerde ein - Stellungnahme der IG Sachsenhausen
"Wir verstehen, dass es Bürgermeister Kolb ein Bedürfnis war, eine unmittelbare Stellungnahme zum Urteil im Eilverfahren abzugeben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und betrifft ausschließlich das Eilverfahren. Das Verfahren in der Hauptsache wurde bis zum Urteil im Eilverfahren „geparkt“. Gegen das Eilverfahren werden die Kläger im Eilverfahren Beschwerde einlegen. Die Begründung des Gerichts in den Kernfragen des Verfahrens ist nicht nachvollziehbar. Bei einigen Fragen wird rechtliches Neuland beschritten. Insbesondere z.B. ob die Einhaltung der RSTO12 bindend ist oder nicht. Uns war von vorneherein klar, dass das Verfahren durch mehrere Instanzen gehen wird. So hat z.B. das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass die RSTO12 den Stand der Technik beschreibt und in dem dort zugrundeliegenden Sachverhalt als rechtsverbindlich angesehen.
Den Rechtsweg im einstweiligen Verfahren und im Hauptsacheverfahren werden wir beschreiten. Dies wird in einem Pilotverfahren für einen Anlieger durchgefochten. Im Eilverfahren wird ohne Beweisaufnahme und Stellungnahmen von gerichtlich bestellten Gutachtern gearbeitet. Im Hauptsacheverfahren sieht dies völlig anders aus. Die Straße wurde nicht zum Vorteil der Anlieger gebaut und stellt eine deutliche Verschlechterung für Verkehr und Anlieger dar.
Fakt ist weiterhin, dass deutliche Engstellen in den Bürgersteigen nicht dem „Leitfaden des Landes Hessen für ungehinderte Mobilität“ und der Barrierefreiheit entsprechen. Beides ist Grundlage für die Förderungen. Der IG Sachsenhausen geht es auch nicht darum der „Gemeinde Fördergelder streitig zu machen“, vielmehr geht es nach wie vor darum, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden. Dies war bisher nicht möglich. Wenn von Seiten der Gemeinde alles richtig gemacht wurde, können auch keine Fördermittel streitig gemacht werden. Wovor hat die Gemeinde dann Angst? Die IG ist weiterhin der Auffassung, dass die Planung und Umsetzung der Straße rechtswidrig ist und wird dies auf dem weiteren Rechtsweg und durch die möglichen Instanzen durchsetzen." +++