Eine verrückte Idee wurde Realität

"Traktoren-Pilger" erreichen Menschen außerhalb der Kirchen - riesiger Zuspruch


Fotos: Gudrun Schmidl

30.04.2017 / BAD HERSFELD/HERINGEN -
„Kirche in Bewegung“ lautet der Titel der ungewöhnlichen Pilgerfahrt, die am Samstag anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums vom Schloss Eichhof bei Bad Hersfeld nach Heringen führte. Rund 140 Traktoristen bewältigten die rund 40 km lange Strecke auf ihren ganz kleinen Traktoren mit 14 PS ebenso wie auf brandneuen Modellen mit 240 PS bei strahlendem Sonnenschein, eskortiert von der Polizei und bejubelt von zahlreichen begeisterten Zaungästen am Wegesrand und vor allem den Besuchern an den einzelnen Fest-Stationen im Kurpark in Bad Hersfeld, in Sorga, Lautenhausen, Ausbach und Heimboldshausen, bevor sie im Konvoi bei Volksfeststimmung ihr Ziel erreichten.



Weshalb wurden Traktoren ausgewählt? Was hat das mit Luther zu tun? Diese Fragen musste Pröpstin Sabine Kropf-Brandau in den letzten Wochen immer wieder beantworten: „Kirche in Bewegung verweist darauf, dass sich Kirche immer wieder verändert, weil sich die Menschen verändern und damit die Art und Weise, wie sie glauben. Genau das war das Anliegen der Reformation. Da Veränderungen Zeit brauchen, seien die Traktoren ein Symbol der Entschleunigung und in unserer ländlichen Region ein Bild von Beständigkeit“. Gemeinsam mit Dekan Dr. Frank Hofmann, den Pfarrerinnen Ute Bätzing, Imke Leipold und Dagmar Scheer sowie den Pfarrern Thomas Funk, Bernd Seifert, Thorsten Waap und Michael Zehender bildete sie das Vorbereitungsteam, dem es gelungen ist, ein deutliches Zeichen zu setzen.

Pröpstin Sabine Kropf-Brandau gab um Punkt 11 Uhr am Schloss Eichhof den Pilgerweg frei und zeigte sich später im Gespräch mit Osthessen-News erleichtert, dass dieses Mammut-Projekt nach gut zweieinhalb Jahren Planungszeit mit vielen Absprachen mit Polizei und dem Landkreis, der endgültigen Festlegung der angemeldeten Fahrtroute, der Gestaltung der Stationen mit Festprogramm und Musik so gut angenommen wurde und sich zu einem großen gemeinsamen Fest entlang der Pilgerstrecke entwickelte, das noch lange im Kirchenkreis Hersfeld, aber auch überregional nachhallen wird.

Eine verrückte Idee wurde durch die gelungene Umsetzung zu einer beispielhaften Möglichkeit, die Menschen außerhalb der Gotteshäuser abzuholen. Aufwändig gestaltete Motivwagen, die ebenso auf eine biblisch-inhaltliche Gestaltung setzten wie die fünf Fest-Stationen, wo lebendiges Wasser geschöpft, ein Taufband erstellt, das Lieblingsbibelwort ausgewählt, das „Brot des Lebens“ gebacken oder das „Salz der Erde“ gesammelt wurde, wiesen auf den gemeinsamen Weg und das gemeinsame Ziel hin. Beim abschließenden Festgottesdienst mit Bischof Prof. Dr. Martin Hein und Staatsminister Michael Roth in der evangelischen Kirche in Heringen wurden alle „Gaben“ von Vertretern der fünf Feststationen überreicht.

Was sich nicht vermeiden ließ, waren irritierte Radwanderer auf dem Fulda-Radweg zwischen Schloss Eichhof und dem Bad Hersfelder Kurpark, lange Staus wegen der rund 20-minütigen Sperre der Hochbrücke in Bad Hersfeld, entschleunigte PKWs in Traktorgeschwindigkeit, sobald sich eine Fahrt auf den Landesstraßen nicht vermeiden ließ und eine Verspätung des Pilgerzuges von über einen halben Stunde an der Feststation in der Hofreite Ausbach, was die Bürgerinnen und Bürger aber gelassen nahmen. Musikalisch bestens unterhalten und kulinarisch verwöhnt, warteten sie mit bunten Luftballons auf die 140 Traktoren.

  Das Vorbereitungsteam und alle Unterstützer, viele helfende Hände, weitere Moderatoren und Organisatoren an den einzelnen Stationen, Posaunenchöre, der Kirchentags-Projektchor, Kapellen, Tänzerinnen und Tänzer verschiedener Trachten- und anderer Tanzgruppen und die Darsteller der „Reformations-Theaterszene“, nicht zu vergessen der Wettergott, machten diesen grandiosen Tag möglich. Und natürlich die Traktoristen, die ihre Fahrzeuge, ihre Zeit und Energie zu Gunsten dieser „verrückten Idee“ zur Verfügung stellten. (Gudrun Schmidl) +++








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