Elektronisches Tarifsystem als Zukunftsmodell
Öffentlicher Personennahverkehr: Fahrpreis an Bedürfniss der Kunden anpassen
11.04.2017 / REGION - Zwar wäre es schon aus Umweltgründen wünschenswert, öfter das Auto stehen zu lassen und dafür häufiger öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Der zumindest bei einigen durchaus vorhandene gute Wille, das eigene Mobilitätsverhalten zu überdenken, scheitert nicht nur an dem gerade im ländlichen Raum nachfragebedingt eingeschränkten Angebot im ÖPNV. Auch die vermeintlich zu hohen Fahrpreise können abschreckend wirken.
Ulrich Stüttgen, Geschäftsführer der Lokalen Nahverkehrsgesellschaft Fulda (LNG-Fulda), zu der sich der Landkreis und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden zusammengeschlossen haben, kennt das Dilemma: „Wir bewegen uns in einem Spannungsfeld der Akzeptanz.“ Einerseits gehe es um die angemessene Vergütung von Beförderungsleistungen. Anderseits dürfe die Schere zwischen der Nutzung öffentlicher und privater Verkehrsmittel nicht zu stark auseinanderklaffen. Dabei handele es sich um einen subjektiven Abwägungsprozess, weil kaum jemand echte Preisvergleiche vornehme, in die dann auch die indirekt anfallenden Kosten, wie beispielsweise Steuer, Versicherung und Verschleiß des Autos, einbezogen werden müssten.
Ohnehin ist die Lokale Nahverkehrsgesellschaft bei der Preisgestaltung an die Vorgaben des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) gebunden, die nur geringe Spielräume zulassen. Grundsätzlich gilt im RMV ein verkehrsmittelübergreifender flächenbezogener Tarif mit sieben Stufen. Dies bedingt, dass im gesamten Verbundgebiet die Preise innerhalb der einzelnen Zonen einheitlich sind und die weiteren Strecken bevorteilt werden. Gäbe es diesen Tarifverbund nicht, würden die Fahrpreise zum Beispiel im Landkreis Fulda um ein Vielfaches höher liegen, weil für jeden Betreiber eigene Fahrpreise zu entrichten wären. Der Nachteil ist, dass bei einer linearen Anhebung unverhältnismäßige Preissprünge auftreten, weshalb die LNG versucht gegenzusteuern.
Jedoch warnt der LNG-Geschäftsführer vor dem Trugschluss, öffentlichen Personennahverkehr könne es quasi zum Nulltarif geben. „Was nichts kostet, ist auch nichts wert.“ Das Gebot der Stunde sei vielmehr eine noch stärker angebotsorientierte und an den speziellen Bedürfnissen der Fahrgäste ausgerichtete Tarifdifferenzierung, wovon auch die Menschen im ländlichen Raum profitieren würden. Bei allen Berechnungsmodellen aber verbleibe ein finanzieller Aufwand, der nicht aus den Fahrpreisen gedeckt werden könne. Deshalb müssten letztlich die politischen Entscheidungsträger festlegen, welche Kosten bei einer sinnvollen und von vielen gewünschten Umsteuerung der Verkehrsströme auf den ÖPNV entstehen dürften. +++