Ortstermin im Stadtwald

Die Fichte – Baum des Jahres 2017

Bürgermeister Edwin Schneider informierte sich bei Revierleiter Peter Kraus über die Behandlung von Fichtenjungbeständen im Stadtwald Ulrichstein

27.03.2017 / ULRICHSTEIN - „Die Fichte ist wohl die bekannteste Baumart schlechthin“, so Revierleiter Peter Kraus bei einem Ortstermin im Stadtwald Ulrichstein. Mit 26 Prozent Flächenanteil sei sie darüber hinaus die häufigste Baumart Deutschlands. Im gesamten hessischen Wald betrage ihr Anteil rund 21 Prozent und im Bereich des Stadtwaldes Ulrichstein sei sie mit rund 50 Prozent vertreten. Das natürliche Hauptverbreitungsgebiet ist die boreale Vegetationszone. Gemeinsam mit Birke, Aspe und Kiefer präge sie die nordische Waldlandschaft von Skandinavien bis zum Ural.

Ohne den Einfluss des Menschen wäre die Fichte in unserer gemäßigten Vegetationszone eine eher regional vorkommende Baumart in den Mittelgebirgen Süd- und Ostdeutschlands und in den Alpen. In den slowakischen Karpaten erreicht die Fichte Wuchshöhen von 60 m. Die heutige Verbreitung der Fichte ist maßgeblich auf die Übernutzung der Wälder im 17. und 18. Jahrhundert zurückzuführen. In dieser Zeit wurden in unserer Region die meist Buchenwälder, radikal abgeholzt um die steigende Bevölkerung mit Heizmaterial und Bauholz zu versorgen. Auch Bergbau und Glashütten hatten einen riesigen Holzbedarf und der Vieheintrieb in die Wälder tat sein übriges zur Devastierung der Wälder. Große Kahlflächen entstanden und führten zur Bevorzugung der schnell wachsenden und anspruchslosen Fichte. Großflächige Monokulturen waren die Folge.

Die Fichte liebt ein kühles, feuchtes und kontinentales Klima. Sie benötigt ausreichend Niederschlag für ein optimales Wachstum. Sie ist empfindlich gegenüber Wassermangel, Spätfrost und Nassschnee. Letzteres führt oft zu Schneebruch, der ganze Bestände zum Opfer fallen können. Aufgrund ihrer Eigenschaft auf entsprechenden Standorten ein Flachwurzelsystem auszubilden macht die Fichte anfällig gegen Sturmschäden. Insbesondere in Trockenperioden fallen geschwächte Fichten oft Borkenkäfern zum Opfer. Die Risiken des Fichtenanbaus sind seit langem bekannt. Um diese abzumildern wird seitens der Forstwirtschaft die Fichte heute eher kleinflächig oder in Mischung mit anderen Nadel- und Laubbaumarten angebaut. Hierdurch erreiche man eine größere Stabilität der Wälder. „Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels werden Risikostandorte ausgewiesen auf denen die Fichte aufgrund der zu erwartenden geringen Niederschläge nicht mehr angepflanzt wird“, so Kraus.

Die oft negativen Eigenschaften der Fichte in Reinbeständen könnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie nach wie vor die wichtigste wirtschaftliche Baumart für den Waldbesitzer sei. Die Fichte gelte als Brotbaum der Forstwirtschaft und sei für öffentliche und private Waldbesitzer eine wichtige Einkommensquelle.


Das Holz der Fichte ist leicht, fest, elastisch und ist in der Industrie sehr beliebt. Es wird für Dachstühle, Möbel, Paletten, Faserplatten und Papierprodukte gleichermaßen verwendet. Auch als Weihnachtsbaum findet die Fichte Einzug in die Wohnungen. Spitzenpreise erreicht das gleichmäßige und engringgewachsene Fichtenholz aus dem Hochgebirge. Hieraus werden beispielsweise Resonanzdecken für Cellos, Geigen und Gitarren hergestellt.

„Auch im Stadtwald Ulrichstein sichert die Fichte ein positives Betriebsergebnis“, so Bürgermeister Edwin Schneider bei dem Ortstermin: „Wir setzen auf die Fichte als Beimischung zu verschiedenen Laubbaumarten, wie Erle, Bergahorn, Roteiche und Buche. Auf Nass- und Trockenstandorten verzichten wir auch aus ökologischen Gründen grundsätzlich ganz auf ihren Anbau. Als Mischbaumart und kleinflächig begründet bereichert die Fichte jedoch unser Landschaftsbild besonders in den Wintermonaten“. Neben einer Vielzahl von verschiedenen Baumarten wurden in den letzten 10 Jahren über 130.000 Fichten gepflanzt.

Schneider, der auch Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft „Westlicher Vogelsberg“ ist, wies daraufhin, dass die Fichte für die Kleiprivatwaldbesitzer immer noch die erste Wahl sei. Auf den kleinparzellierten Flächen sichere sie, sofern die standörtlichen Gegebenheiten es zuließen, den Waldbauern immerhin noch einen zumindest bescheidenen Ertrag für ihre Arbeit. (gr) +++

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