"Tatort Fulda"

Ein feucht-fröhlicher Abend mit einer geköpften Leiche

Restaurantkritiker, Weinexperte mit eigenem Weinberg und Krimiautor: Carsten Sebastian Henn las am Donnerstagabend im Weindepot
Fotos: Carina Jirsch

17.03.2017 / FULDA - Carsten Sebastian Henn kann ja so fies sein. Der Restaurantkritiker, Weinexperte und Krimiautor las am Donnerstag im Rahmen des Festivals „Tatort Fulda“ im Weindepot „Vinum“ aus seinem neuesten Werk „Der letze Champagner“, und just in dem Moment, als sich die Spannung bei den Zuhörern ins Unerträgliche gesteigert hatte, klappte er das Buch mit einem lauten „Plopp“ zu. „Ich weiß, das ist gemein“, entschuldigte er sich schelmisch beim aufgeschreckten Publikum und beendete damit einen feucht-fröhlichen Vortragsabend, der unter dem Titel „Crime & Wein“ stand.



Der Verkaufsraum mit seinen hunderten von Bouteilles bot die ideale Kulisse für die Veranstaltung. Bereits zur Einstimmung hatte das in Sachen Lesungen rührige Weindepot vor seinem Laden in der Königsstraße ein Feuerchen angezündet, das die eintrudelnden Gäste erwärmte, und an einem kleinen Ausschank wurden gute Weine zu äußerst moderaten Preisen angeboten. Der Rotwein mundete, „als würde einem der liebe Gott in roten Samthosen die Gurgel runterspazieren“, wie es so schön poetisch in dem französischen Filmklassiker „Kinder des Olymp“ heißt. Und da der Autor im Stau stecken geblieben war und erst eine halbe Stunde später als angekündigt mit der Lesung beginnen konnte, hatten es die 55 Krimi- und Weinliebhaber auch gar nicht besonders eilig, sich in den Veranstaltungsraum zu begeben, sondern süffelten sich draußen lieber erstmal einen Kleinen an.

Nach einer kurzen Begrüßung durch „Vinum“-Inhaber Mark Flößner ging’s dann um 20 Uhr schließlich doch los, und Carsten Sebastian Henn beantwortete zunächst die ihm oft gestellte Frage, ob er beim Schreiben trinke: „Meine Protagonisten trinken ja immer sehr viel Wein. Ich aber schreibe größtenteils nüchtern, immerhin muss ich ja einen Plot entwickeln.“

Und der hat es in sich, wie schon der Klappentext des Buches verrät: „Die wichtigsten Champagnerwinzer hat es zu einer historischen Weinprobe an die beschauliche Lahn verschlagen, doch der Abend endet blutig. Ghislain de Montgolfier wird der Kopf abgeschlagen. Und zwar genau auf die Art, wie man eine Champagnerflasche köpft. Professor Adalbert Bietigheim, Deutschlands einziger Inhaber eines Lehrstuhls für Kulinaristik und Zeremonienmeister des Abends, sieht es als seine Pflicht an, den Mord an seinem alten Freund aufzuklären. Seine Ermittlungen führen ihn in die wunderschöne Champagne mit ihrer prachtvollen Hauptstadt Reims. Sie führen tief in die kilometerlangen Kreidekeller der Champagnerhäuser und in die wechselvolle Historie der Gegend ...“

Carsten Sebastian Henn gelang am Donnerstag eine kurzweilige Lesung, bei der er seinen Figuren mit komödiantischem Talent und unter dem Einsatz eines witzigen Minenspiels Leben einhauchte. Seine samtig-weiche Stimmfarbe erinnerte dabei selber an einen guten Rotwein. Zwischendurch nahm sich der Autor immer wieder Zeit, um mit dem Publikum zu plaudern. Über das sogenannte Sabrieren zum Beispiel, also das bereits erwähnte Abschlagen eines Champagner-Korkens mittels eines Säbels, über „das Russische Roulette“ (O-Ton: Henn) beim Kauf von Aldi-Champagner oder über die Schwierigkeiten, sich gescheite Eigennamen für seine Bücher auszudenken: „Ich suchte einmal nach einem griffigen Namen für einen Weingummierzeuger. Da habe ich ewig drüber nachgegrübelt, aber plötzlich hatte ich’s: ,Horiba‘.“ – Nach gut zwei Stunden spendete das Publikum begeistert Applaus. (Matthias Witzel) +++

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