Schönster Gassiweg Deutschlands
Millionengrab ohne Mehrwert: Keine freie Fahrt auf der Kraftwerkstraße
Fotos: Stefanie Harth
16.03.2017 / HERINGEN (W.) -
Musik-CD ins Autoradio schieben, Gas geben und durchstarten. In Heringen bekommt der Talking Heads-Klassiker „Road to Nowhere“ jedoch einen ganz eigentümlichen Sinn. Sie ist rund 1,2 Kilometer lang und sechs Meter breit, wartet mit einem besonderen Belag mit einer hellen Beimischung auf (der Gelbbauchunke sei Dank), kostete bislang 2,47 Millionen Euro und wird seit ihrer Fertigstellung in 2014 nicht frequentiert. Zäune und Durchfahrt verboten-Schilder, die an Ein- und Ausfahrt platziert sind, machen unmissverständlich klar: die Kraftwerkstraße, die parallel zur Wölfershäuser Straße und Bahnstrecke verläuft, ist gesperrt.
Eigentlich sollten kurz nach ihrer Fertigstellung vor knapp drei Jahren Müll-Laster über die Umgehungsstraße rollen, die zur Abfallverbrennungsanlage EEW Energy from Waste Heringen führt. Eigentlich. Jedoch wurde scheinbar nicht bedacht, dass der zugehörige Bahnübergang gelegentlich von rangierenden Kalizügen blockiert wird. „Das dauert dann etwa 15 Minuten“, erläutert Eckhard Bock. Damit den Brummifahrern und den Anliegern (Landwirte) freie Fahrt gewährleistet werden kann und sich der Verkehr wegen der Rechtsabbieger auf der Wölfershäuser Straße nicht staut, muss ein Gleis um gute 250 Meter verlängert werden.
„Die Stadt musste bis heute mehr als eine Million Euro zuschießen. Hinzu gesellen sich weitere 150.000 Euro für die Gleisverlängerung, die jeweils Bund, Bahn und Stadt entrichten“, moniert Bock, der die Kraftwerkstraße als „Millionengrab ohne Mehrwert“, „Schildbürgerstraße“ und „Altlast des Ex-Bürgermeisters Hans Ries“ bezeichnet. „Wenn ich mir dann noch vor Augen führe, dass die Straße gerade mal von Müllzügen und Anliegern, die die Werrawiesen bewirtschaften, befahren werden darf, bin ich regelrecht sprachlos“, unterstreicht der Stadtpolitiker. „Das entspricht schätzungsweise fünf Prozent der Verkehrsteilnehmer, die täglich die Wölfershäuser Straße passieren.“
Und: „Warum sollen die Müllzug-Steuerer diese Route nutzen, wenn die Anfahrt rund um die Uhr über die Wölfershäuser Straße möglich ist? Wer biegt schon rechts ab, wenn er auch geradeaus an sein Ziel kommt?“ Übrigens: Zwischen 22 und 6 Uhr wird die Kraftwerkstraße ohnehin tabu für den Verkehr bleiben. Voraussetzung ist freilich: Sie wird irgendwann freigegeben. (Stefanie Harth) +++