Lob für Polizei, Kritik am Staatsschutz
Lucas Goerke (17): "Ich habe mich gefühlt, als wäre ich selbst der Täter"
Fotos: Julius Böhm
10.03.2017 / FULDA -
Andreas Goerke konnte aus der Ferne nichts machen. Als die Morddrohung gegen seinen Sohn Lucas (17) die Familie erreichte, war er in Griechenland. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstagabend war es Lucas selbst, der den Brief, der sein eigenes Leben bedroht, vorlas. Andreas Goerke konnte nicht.
Dieser Drohbrief war nur der Gipfel eines über Wochen andauernden Psychoterrors, dem sich Goerke und seine Familie ausgesetzt sahen - O|N berichtete bereits. Goerke ist als Vorsitzender und Sprecher des Vereins "Fulda stellt sich quer" Gegenwind, Kritik und Schelte gewöhnt, "aber was in den letzten Wochen passiert, ist übel", sagt Goerke, der mit den Tränen kämpfen musste. Über zehn Minuten dauerte es, bis Goerke alle Torturen der letzten Wochen aufgezählt hatte. Aus anfänglichen "Dumme-Jungen-Streichen" wurde tiefer Ernst.
Großes Lob sprach Goerke den Polizisten aus, die bei der Familie vor Ort waren. "Sie haben sofort auf uns psychologisch eingewirkt, sind mit meiner Frau Spazieren gegangen - ich hatte aus Griechenland keinen Rückflug bekommen - und waren die ganze Nacht bei meiner Familie. Das war exzellente Arbeit", sagt Goerke. Unverständnis zeigt er aber für die Vorgehensweise des Staatsschutzes.
Andreas Goerke: "Ich sehe einen Angriff von rechts"
Goerke fühlt sich von den Behörden alleingelassen. Auf die Frage, wie nun ermittelt werde, sei die Antwort gekommen, man habe doch schon Frau und Kind vernommen. "Ich sehe hier ganz klar einen Angriff von rechts, aber ich habe das Gefühl, der Staat ist auf dem rechten Auge blind. Es dauert sehr lange, bis die, die für die Demokratie aufstehen, gehört werden."
Der Gang an die Öffentlichkeit habe viel Mut gebraucht, sei aber der richtige Schritt gewesen. "Die Öffentlichkeit ist der beste Schutz. Die Solidarität, die wir in den letzten Wochen gespürt haben, macht Mut und gibt Kraft - dass man aufeinander aufpasst und zusammenhält. Das waren positive Erfahrungen", sagt Goerke. Täglich seien bis zu 140 Mail mit Solidaritätsbekundungen gekommen. "Aber man ist ausgelaugt und kaputt, wir haben uns auch teilweise versteckt. Weil wir Angst haben." (Julius Böhm) +++