Schock an der Kinokasse

Deswegen kostet ein Kinobesuch in Fulda, was er kostet

Das Cinestar-Kino in Fulda.
Fotos: ON-Archiv

08.03.2017 / FULDA - Sonntagmorgen - keine übliche Zeit für einen Kino-Besuch. Dennoch steht das junge Paar inmitten von Familien und Geburtstagfeiernden Kindern in der kurzen Schlange vor den Terminals in der Löherstraße. Zweimal "Bob, der Streuner" soll es sein. 20 Euro kosten die Karten dafür. Zwei Zehn-Euro-Scheine wandern also aus den Portemonnaies der beiden. Die nächste Station ist der Snack-Stand: Eine mittlere Pepsi, eine Bionade und eine kleine Tüte Popcorn. "Bitte die kleinste, die Sie haben." - "Macht insgesamt 15,50 Euro." Im Kinosessel angekommen, befinden sich gut 35 Euro weniger in den Geldbeuteln des Paares. "Wie können sich das Familien eigentlich leisten?", fragen sich die beiden.


Zugegeben, die "Mit-der-D-Mark-war-alles-besser"-Zeit müssten wir Deutschen längst hinter uns gelassen haben. Aber trotzdem: Wie hätte das Paar aus dem oben beschriebenen Beispiel reagiert, wenn an der Kinokassen statt der 20 Euro ganze 40 D-Mark gefordert worden wären? Oder was hätten sie an der Snack-Theke gesagt, wenn sie für zwei Getränke und eine kleine Tüte Popcorn ganze 30 Mark hätten zahlen müssen? Die Zeiten, in denen ein gewöhnlicher Kino-Besuch kein Loch in den Geldbeutel gefressen haben, sind wohl vorbei.

Beim Kino des Vertrauens - es ist das in Fulda einzige große Kino, nämlich das Cinestar in der Löherstraße - reagiert man auf die Nachfrage nach den hohen Kosten für einen Kino-Besuch etwas erstaunt: "Wir bieten zahlreiche Varianten an, die so deutlich rabattiert sind, dass diese gerade für Familien äußerst attraktiv sind. Zum Beispiel können Sie mit allen Menüs, besonders aber mit den passend zu bestimmten Filmen gestalteten Fan-Menüs, gegenüber den Einzelprodukten deutlich Geld sparen", heißt es.

Doch selbst, wer auf das im Dezember eingeführte Familienmenü zurückgreift, zahlt für vier 0,5-Liter-Getränke, zwei mal Popcorn Kids, eine mittlere Tüte Popcorn oder eine große Portion Nachos 28 Euro. "20 Prozent Ersparnis zum Einzelkauf", so die Betreiber.  Bei einer vierköpfigen Familie würde der Kinobesuch jedoch auch mit dem Familienmenü inklusive der Tickets mal locker 60 Euro kosten. 60 Euro für einen Nachmittag vor der Kino-Leinwand. Angesichts der geringen Kosten für die Herstellung von Popcorn und Co. könnte man da an Abzocke denken. Könnte man. Jedoch ist es so, dass den Kinos seit dem Aufkommen von Netflix und anderen Streaming-Diensten die Besucher weglaufen. Allein vom Verkauf der Kinokarten kann also wohl kein Betreiber mehr überleben.

Stattdessen sind Essen und Getränke offenbar der größte Gewinnbringer. "Welche diversen Kosten durch die Tickets und den Verzehr gedeckt werden müssen, ist dem Gast häufig ja gar nicht bewusst", heißt es auch in Fulda. So geht ein großer Anteil jedes Ticketerlöses an den Filmverleih. Dazu kommen dann Filmförderungsabgaben, Personal-,  Gebäude- und Betriebskosten sowie sämtliche weitere Dienstleistungen, die der Kinobesucher als selbstverständlich ansieht, wie zum Beispiel Reinigungskosten. 

"Aufgrund dieser enormen Aufwendungen kann man ein Kino ohne die zusätzlichen Einnahmen aus dem gastronomischen Bereich überhaupt nicht wirtschaftlich betreiben." Zusätzlich seien die Betreiber stark den Preisentwicklungen bei den Lieferanten unterworfen, die sie ab einem gewissen Punkt auch an die Gäste weitergeben müssen.  Dazu gehören auch die Kosten, die fürs Personal, den Arbeitsaufwand, die Zeit der Herstellung und so weiter draufgehen. Würde man, so schreibt es der amerikanische Ökonomen Richard B. McKenzie in seinem Buch "Why Popcorn Costs So Much at the Movies", den Kostenfaktor Zeit, Arbeitsaufwand und die Gehälter der Angestellten einrechnen, wären die Preise weit weniger unverständlich.

"Die Einnahmen durch das gastronomische Angebot sind unabdingbar für das wirtschaftliche Überleben eines Kinos." Heißt: Wer auch in Zukunft noch im Kinosessel sitzen will, der muss auch die Preise für Popcorn, Nachos und Co. hinnehmen. Und für alle die, die das nicht wollen, weisen die Betreiber des Fuldaer Cinestars auf die Sonderangebote hin, die speziell für Familien gelten.

"Es gibt zum Beispiel den 'Happy Family Sonntag': Dies kann man hervorragend mit dem Happy Family-Sonntag-Ticket kombinieren, mit dem zwei Kinder und zwei Erwachsene für insgesamt 22 Euro das Kino besuchen können. Besonders vor dem Hintergrund, das Familien sehr häufig am Sonntag ins Kino gehen, ist dies ein äußerst attraktives Angebot." Wenn man also, so sagen die Betreiber, solche Varianten nutzt, sei es durchaus möglich, einen sehr viel günstigeren Kinobesuch zu erleben und auch ein begleitendes Gastronomieangebot zu familienfreundlichen Preisen zu nutzen. "Auch in anderen Kultur- und Freizeiteinrichtungen ist es nicht üblich, Essen und Trinken selbst mitzubringen." (Suria Reiche) +++

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