Kampf für Fastnachtskultur

Südend-Vorstand Beck: "Den Südend Neger wird es nie mehr geben"

Wohl einer der letzten Auftritte als "Südendneger"
Fotos: Martin Engel / O|N-Archiv

23.02.2017 / FULDA - Fast 80 Jahre ist die Fastnachtskultur im Fuldaer Südend alt. Eine Tradition wird ab sofort aber verschwinden: "Es wir nie mehr einen Südendneger geben. Wir werden keine Menschen mehr mit dunkler Farbe schminken", sagt Andreas Beck, Vorsitzender des Fastnachtsvereins. Damit reagiert das Südend auf heftige Rassismus-Vorwürfe. Beck fragt sich aber: "Wo soll das alles hinführen?"

Es sei das einzige Entgegenkommen. "Wir werden unsere Uniformen behalten und für unsere Tradition kämpfen. Die Unterstützung der anderen Randstaaten, von anderen Fastnachtlern, ja sogar von völlig Fremden ist riesig und motiviert uns, weiterzumachen", sagt Beck. Einer weiß aber gar nicht, wie ihm geschieht.

Wolfgang Schuster ist 75 Jahre alt und seit über einem Jahrzehnt mit Stolz der "Neger vom Südend". Er war sehr geknickt, als die Entscheidung feststand, dass er sich nicht mehr schminken darf: "Ich will doch niemandem etwas zu Leide tun. Ich will Fastnacht feiern und Spaß haben - mehr nicht", sagt der 75-Jährige zu OSTHESSEN|NEWS. Während der Kampagne schläft er wochenends immer im Sitzen, damit die Schminke nicht verschmiert. Im letzten Jahr war er Fürst vom Südend - natürlich mit Schminke im Gesicht, wie schon der allererste Fürst 1938.

21 Jahre lang war Winfried Kollmann (69) Vorsitzender des Vereins. Seit 48 Jahren ist er im Südend aktiv: "Und es hat nie auch nur ein Problem mit unserem Auftreten gegeben. Im Gegenteil: Die Menschen jubeln Wolfgang zu, machen Erinnerungsfotos mit ihm oder anderen Mitgliedern in ihren Uniformen - wir tragen Kostüme. Nichts anderes", sagt Kollmann, der auch die "Neger-Tradition" gerne aufrecherhalten würde. "Diese Tradition ist älter als wir alle und soll niemanden angreifen oder diskriminieren - das weiß jeder, der die Fuldaer Foaset kennt."

Kritik von drei Hochschulmitarbeitern

Philipp Weidemann, Justyna Stasczcak und Amata Schneider-Ludorff hatten sich bereits 2015 bei dem Verein gemeldet und unter dem Vorwand, ein Interview für die Hochschule Fulda führen zu wollen, ein Treffen ausgemacht - so beschreibt Andreas Beck die Geschehnisse. "Die Darstellungen des Südends lassen kolonialrassistische Bilder weiterleben. Das sind nicht irgendwelche Tropenuniformen, sondern Uniformen deutscher Schutztruppen die damals in den deutschen Kolonien Ost- und Südwest-Afrika für den Tod hunderttausender Menschen verantwortlich waren", schreiben die drei an OSTHESSEN|NEWS. Die Hochschule distanziert sich im Übrigen von den Vorwürfen. Die Mitarbeiter würden als Privatpersonen in der Öffentlichkeit auftreten. Ziel des Gesprächs sollte sein, das Südend zu einer kritischen Hinterfragung der eigenen Praktiken zu animieren.

"Nach dem 50-jährigen Jubiläum des Türkenbundes wurde das Südend gegründet", erzählt Kollmann. Die geografische Lage in Fuldas Süden brachte die Idee des Themas Afrika, ein Sammelbild aus einer Zigarettenpackung habe letztlich den Anstoß gegeben, die Fastnacht in weißen Uniformen zu feiern. "Und kein Fremdenhass", ergänzt Beck. Weidemann, Stasczcak und Schneider-Ludorff wollen die Mitglieder des Vereins nicht als Rassisten bezeichnen: "Uns geht es um die rassistischen Bilder, die sogar noch in einem Unterhaltungskontext dargeboten werden."

Andreas Beck sieht das ganz anders: "Wir sehen uns als Rassisten beschimpft. In Briefen an unsere Unterstützer und Sponsoren wurden wir sogar als gewalttätige Gruppe dargestellt. An vielen Stellen wird gelogen. So auch vom Hochschul-Präsidenten Khakzar. Er sagt in der Öffentlichkeit, er wäre auf uns zugegangen und hätte Gespräche gesucht. Ich habe den Kontakt gesucht und eine einzige Antwort per Mail bekommen - das war's."

Für die Mitglieder des Südends ist ihr Auftreten schlichtweg ein Fastnachtskostüm - ähnlich wie Cowboy und Indianer, die für ganz dunkle Jahre der Menschheitsgeschichte stehen. "Letztlich wollen wir nur Spaß haben und Frohsinn verbreiten", sagt Beck, "und wir müssen unsere Fastnacht schützen und dürfen nicht einknicken. Wird nächstes Jahr der Türkenbund mit seinem Wedler angegangen? Kommen dann Naturschützer und wollen die Kirmes verbieten, weil dafür ein Baum gefällt wird?"

Wolfgang Schuster wird auch weiterhin beim Südend mitlaufen. Am Rosenmontag aber mit Polizeigleit und ab sofort ohne schwarze Schminke im Gesicht. (Julius Böhm) +++

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