Die MITTWOCHS-KOLUMNE
WIELOCH schreibt an (26) … den Besitzer des Schlitzer Krokodils
22.02.2017 / REGION - Lieber Crocodile Dundee aus Schlitz,
und plötzlich war es knapp 1,20 Meter lang. Sie konnten ja nicht damit rechnen, dass sich Ihr Baby-Krokodil aus dem Internet eines Tages zum stattlichen Alligator mausert. Kein Wort davon stand in der Bedienungsanleitung. Ich hoffe, Ihr Landwirbeltier hat Ihnen Ihre Bude ordentlich auf den Kopf gestellt, bevor Sie es wie Müll entsorgt haben. Dritter Stock, Dachgeschoss, 65 Quadratmeter – ich kann mir gut vorstellen, wie Sie hier mit Ihrem Krokodil die vergangenen Monate verbracht haben. Täglich haben Sie nachgemessen, immer mit ängstlichem Blick auf das Maßband und der ernüchternden Erkenntnis: Mein Lacoste-Maskottchen ist schon wieder gewachsen.
Und irgendwann waren Sie nur noch Mitbewohner oder Untermieter. Ihr Riesen-Reptil belagert das Sofa, gibt die Fernbedienung nicht mehr her, frisst die Chips ganz alleine und pennt nachts in der Ritze. Diskutieren bringt da wenig: Mit mindestens 60 kräftigen, extrem scharfen Zähnen hat Ihre XXL-Echse die besseren Argumente. Blöd auch, dass innerhalb eines Krokodil-Lebens rund 3.000 Zähne nachwachsen. Ein kleiner Happs, und das nächste Schlitzer Trachtenfest ist für Sie Geschichte.
Lieber Krokodil-Quäler, vielleicht kommen Sie mit Ihrer Mischung aus Naivität und Dummheit ja leichter durchs Leben, zumindest durch die Zivilisation. Trotzdem: Sich in unseren Breitengraden einen Alligator nach Hause zu holen ist so intelligent wie barfuß zum Mount Everest aufzubrechen. Ich traue Ihnen alles zu: Piranhas in der Badewanne, eine Giraffe im Treppenhaus, Löwen- und Eisbärbabys zum Schmusen, weil die so niedlich sind. Man sollte Sie mal für eine Woche im Dschungel, in Alaska oder in der Steppe aussetzen. Ich freue mich auf das Bild, wenn Sie beim Brillenkaiman nach neuen Kontaktlinsen fragen…
Mit herzlichen Grüßen