Früher Kurort, heute Naturschutzgebiet

Das Rhönbad Bronnzell ist seit 60 Jahren im Dornröschenschlaf

Das Ein-Meter-Brett des ehemaligen Sprungturms. Wind und Wetter haben ihre Spuren hinterlassen
Fotos: Carina Jirsch

16.02.2017 / FULDA - Luftkurort Bronnzell. Wie bitte, was? Genau das war der Fuldaer Stadtteil einmal und verfügte sogar über das erste geflieste Schwimmbad in einem Umkreis von 100 Kilometern. Kurhotel, Rhönkurheim und das Rhönbad, das alles war einmal. Wo sich früher Gäste aus ganz Deutschland tummelten, ist heute Naturschutzgebiet.


Wer das Gelände der Ziegel-Aue betritt, sieht nichts mehr von der einstigen Pracht, die dieses circa 80.000 Quadratmeter große Areal einmal auszeichnete. Wo sich einst reiche norddeutsche Kaufleute und die Fuldaer Bürgerschaft auf der Liegewiese sonnten und an heißen Sommertagen in dem 3.600 Quadratmeter großen Freischwimmerbecken ihre Bahnen zogen, hat die Natur sich das Gelände zurückgeholt. Das fünf Meter tiefe Becken ist bis zum Rand mit Wasser gefüllt und gefroren. „Früher sind wir darauf noch Schlittschuh gelaufen“, erinnert sich der Bronnzeller Stephan Rützel, der die Geschichte des Rhönbades gut kennt. Im Winter nisten dort Graureiher und Eisvögel, wo sich im Sommer Frösche und anderes Getier tummelt und das Gras meterhoch wächst.

Was war vorher auf dem Gelände?

„Ursprünglich befand sich eine Mühle auf dem Areal“, sagt Rützel“, deswegen ist das alte Rhönbad sowie der Kurpark eine Art ‚Aueninsel‘.“ Mühlgraben und der natürliche Lauf der Fulda rahmen das Gelände ein und grenzen es somit gut ab. Die ehemalige Hüttenmühle, die es seit dem 18. Jahrhundert gab, wurde um die Jahrhundertwende zu einem Sägewerk. Die Fuldaer Familie Kramer, die das Sägewerk betrieb und auch Eigentümer des ehemaligen Kurhotels ‚Jägerhof‘ war, versorgte das damals noch eigenständige Dorf Bronnzell mit dem ersten elektrischen Strom. „Turbinen wurden durch Wasserkraft betrieben und damit große Baumstämme durchgesägt und eben auch Bronnzell mit Strom versorgt“, sagt Stephan Rützel. 1930 kaufte schließlich ein Hamburger Investor das Land samt Sägewerk, krempelte es komplett um und erschuf einen Erholungsort.

Das Rhönbad und Rhönkurheim

Johann Meves war ein Hamburger Reeder und investierte die für die damalige Zeit utopische Summe von einer halben Million Reichsmark in das ehemalige Sägewerk und das dazugehörige Land. „Das historische Mühlengebäude steht heute noch. Zu erkennen ist es an den abgerundeten Fensterecken. Mevis fügte jedoch einen L-förmigen Anbau hinzu“, so Rützel. Aus dem Gebäude entstand in den 1930er Jahren ein hochmodernes Sanatorium mit fließend warmem und kalten Wasser sowie Zentralheizung. So heißt es in der Broschüre über das „Rhönkurheim Bronnzell“: Es ist selbstverständlich, dass die hygienische Einrichtung der Häuser allen modernen Ansprüchen gerecht wird. , außerdem neuzeitliche Bade- und Toilettengelegenheiten. Verwöhnten Ansprüchen stehen Zimmer mit eigenem Bad zur Verfügung.“

1933 wurde das Rhönbad Bronnzell feierlich eröffnet und sogar ein eigener Bahnhof mit „Bronnzell-Bad“ wurde errichtet. Somit hatte der Ort einen Bahnhof mehr als Fulda, was die damals 600 Bewohner mächtig stolz machte. „Die Bahnreisenden konnten also am ‚Bronnzell-Bad‘ die Bahn verlassen und auf direktem Weg in das Rhönbad laufen“, so Rützel.

Ein Sprungturm, Startblöcke, Umkleidekabinen und eine Sonnenterasse machten aus dem Rhönbad etwas Besonderes. Heute noch erinnern die Fundamente und der verwitterte Sprungturm mit verrosteten Nägeln und herausragenden Schrauben daran. Auf dem Kurteich zogen Schwäne ihre Runden. Akkurat angepflanzte Buchenhecken trennten das Freischwimmer- vom Nichtschwimmerbecken ab. Eine Brücke über die Fulda führte zur Liegewiese und eine Weidenallee flankierte den Weg, den die Fuldaer nutzten, wenn sie über Johannesberg und die Fuldaaue dem Rhönbad einen Besuch abstatteten. Bronnzell war nun Kurort und man verschrieb sich folgendem Leitsatz: „Die Reinigung des geschwächten und verschlackten Körpers zur Kur des Fastens und des Entbehrens sowie zu einfacher und natürlichen Lebensweise“. So wurde auch die Sole-Quelle, die am Johannesberger Salzbrünnchen natürlich aus der Erde kommt und bis nach Bad Salzschlirf führt, angebohrt.

Übrigens: Das Rhönbad war das erste geflieste und öffentliche Schwimmbad, das kein Flussbad war, und dies zog die Leute aus der ganzen Region und sogar aus dem Norden der Republik an.

Der Zweite Weltkrieg und das Ende des Rhönbades

Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 wurde das Rhönbad und das Rhönkurheim geschlossen und zu einem Lazarett umgewandelt. Schließlich beschlagnahmten die Amerikaner bis 1948 das Gelände und ließen es verwahrlosen. Der Sohn des Reeders Johann Meves startete im Jahre 1953 einen neuen Anlauf und sanierte das Rhönbad. Doch die neuen Hygiene- und Sicherheitsvorschriften sowie ein schlechter Sommer bedeuteten das Ende für das Naherholunsgebiet.

1956 kaufte der Unternehmer Robert Becker das alte Rhönkurheim und Teile des Geländes und richtete dort die Fabrikation von Traubenzuckertabletten und den Vitraletten „SÜSSFIX“ ein und verkaufte es später an das Unternehmen „Teekanne“, welches bis heute Teebeutel in dem ehemaligen Sanatorium herstellt. Sein Schwiegersohn Chiristian Heil wohnt heute noch auf dem Gelände und kennt die Geschichte nur zu gut.

Das Günther-Grönhoff-Denkmal, Pionier des Deutschen Segelflugs, liegt wie alles andere Vergangene, versteckt hinter Bäumen, Moos und Geäst. Zur Enthüllung des Denkmal 1933 spielte die SA-Kapelle Fuldas. Was die Natur einst dem Menschen zur Erholung hergab, hat sie sich inzwischen zurückgeholt. Das Betreten des Geländes ist untersagt und steht auf Stufe Eins des Naturschutzes – der Glanz der 30er Jahre ist verflogen. (Franziska Vogt) +++

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