Nachgedacht ... (213)
Zwei oder drei Blicke.... Gedanken von Christina Lander
05.02.2017 / REGION -
Letzte Woche hatte ich einen Ohrwurm von einem neuem Lied, das ich schon mehrmals gehört hatte und dessen Melodie und Text meinen Kopf nicht mehr verlassen wollten. Aber das fand ich auch nicht schlimm: Beim Hausputz, bei der Schreibtischarbeit und beim Autofahren trällerte ich es vor mich hin. Das war auch kein Problem, bis ich mit unserem Hund loszog und das Lied fröhlich weitersang. Mir war gar nicht bewusst, dass ich gerade munter singend und pfeifend leichten Fußes über den Gehweg schlenderte. Dass die vorbeifahrenden Autofahrer neben mir so amüsiert schauten, brachte mich nicht auf die Idee, dass es an mir liegen könnte. Ich dachte: "Ach, die schauen bestimmt den kleinen Henri an. Der ist ja aber auch süß."
Als sich dann aber ein Mann vor mir in meine Richtung umdrehte und mich mit einem fragenden Was-soll-das-Blick ansah, registrierte ich erst, dass ich gerade auf offener Straße mit meiner talentfreien Stimme gesungen hatte. Natürlich erstarb mir die Gesangslust im Hals und der Gassigang lief ohne größere Peinlichkeiten weiter. Aber was blieb, war mein Gedanke darüber, was der Mann jetzt wohl über mich gedacht hat. Wahrscheinlich - nach seinem Blick eingeschätzt- zweifelt dieser Mann an meinem Verstand. Würde er mich irgendwann einmal wiedersehen, würde er wohl sagen: "Die Verrückte schon wieder! Die singt auf offener Straße!"
Aber eigentlich bedeutet diese kleine Szene doch nur zweierlei: Warum soll ich mich schämen, wenn ich gerade einmal glücklich bin? Und zweitens: Wenn der Mann nun wirklich über mich denkt, dass ich ein bisschen verrückt bin, dann belegt das, wie schnell wir einen Menschen abstempeln. Eine Situation reicht und der andere ist von uns eingeordnet, in eine nicht mehr einfach zu öffnende Schublade gesteckt. So schaffen wir Menschen es, ganze Gemeinschaften abzustempeln.