Klare Worte begeistern 230 Gäste
Wolfgang Bosbach in Turnschuhen beim CDU-Neujahrsempfang
Wolfgang Bosbach am Samstagvormittag in Bad Hersfeld
Fotos: Hans-Hubertus Braune
15.01.2017 / BAD HERSFELD -
Er schien den rund 230 Gästen beim CDU-Neujahrsempfang am Samstagmittag in Bad Hersfeld förmlich aus der Seele zu sprechen: Wolfgang Bosbach trat im "wortreich" so auf, wie ihn seine Anhänger lieben - als ein Mann der klaren und durchaus kritischen Worte - auch gegenüber seiner eigenen Partei. Unter den Gästen waren längst nicht nur "bekannte" CDU-Mitglieder.
Stehende Ovationen und immer wieder Zwischenapplaus bewiesen, dass seine Argumente und Positionen in vielen aktuellen Fragen der Politik ankommen. Zum Neujahrsempfang der CDU im Landkreis Hersfeld-Rotenburg hatte der Kreisvorsitzende den 64-jährigen Bosbach eingeladen. Lübeck ist gleichzeitig Bundestagskandidat für den Wahlkreis Hersfeld-Rotenburg/Werra-Meißner-Kreis.
Lässig gekleidet kam der beliebte Politiker - übrigens in einem Mittelklassewagen und ohne Fahrer - nach Bad Hersfeld. "Liebe in Turnschuhen in Bad Hersfeld als mit Lackschuhen im Graben", sagte Bosbach und erzählte von mehr Schnee ins seiner Heimat im bergischen Land vor den Toren Kölns. Bosbach - der bei der kommenden Bundestagswahl aus persönlichen wie politischen Gründen nicht mehr antritt - begeisterte das Publikum mit einem freien Vortrag, klaren Worten und kessen Sprüchen. "So ändern sich die Zeiten: Früher waren wir froh, wenn der US-Präsident seine Wahlversprechen hält, heute sind wir froh, wenn er es nicht tut."
Bosbach fand persönliche Worte, machte deutlich, dass früher nicht zwangsläufig alles besser war und machte Mut, dass heutzutage nicht alles schlecht sei. Doch Bosbach ging in seiner Rede natürlich auch auf die Probleme und Herausforderungen der heutigen Zeit ein. Deutlich wurde, dass er die Flüchtlingspolitik nicht ausnahmslos gut findet. Er untermauerte, dass Flüchtlinge integriert werden sollen. Aber nur diejenigen, die sich integrieren lassen wollen. Er mahnte an, dass viele Länder in der Europäischen Union unsolidarisch seien. Gerade Länder, die Jahr für Jahr Milliarden aus Brüssel erhalten und sich in der Flüchtlingsaufnahme nicht engagieren, seien unsolidarisch. "So haben wir nicht gewettet, Freunde", sagte Bosbach.
Er habe keine Angst vor einer Islamisierung, sondern vor der Ent-Christianisierung Deutschlands. Neben der Flüchtlingspolitik und dem Terror ging Bosbach auf die Innenpolitik ein. Er sprach von einer schnelllebigen Zeit. Die Digitalisierung halte ungemindert Einzug. In Deutschland gibt es 110 Millionen Handyverträge", hatte der 64-Jährige ein Beispiel. "Wenn ich heute Nachmittag nach Hause komme, empfangen mich meine drei Töchter mit gesenkten Köpfen. Nicht aus Respekt, sie schauen auf ihre Smartphone", verknüpfte Bosbach immer wieder Botschaften mit lockeren Sprüchen. Er ist ein Profi, der es hervorragend versteht, seine Positionen dem Publikum näher zu bringen. Auch in Bad Hersfeld trifft er damit den Geschmack der Gäste.
Von seiner CDU wünschte sich Bosbach, dass sie unterscheidbar bleibe. "Wir brauchen ein klares politisches Profil. Ich habe nichts dagegen, neue Wählerschichten anzusprechen. Es darf aber nicht sein, dass wir einen neuen Wähler gewinnen und gleichzeitig zwei Stammwähler verlieren", sagte Bosbach unter dem Applaus der Gäste. Wichtig sei, die "kleinen Helden des Alltags, die jeden Tag zehn Stunden arbeiten und brav ihre Steuern bezahlen, zu erreichen."
Bosbach machte deutlich, dass sich Deutschland im Wandel von einer Industriegesellschaft hin zu einer Wissensgesellschaft befinde - und dies rasend schnell. "Wir müssen in die Köpfe unserer Kinder investieren", sagte Bosbach abschließend, die keineswegs als Wahlkampfrede rüberkam. Stehende Ovationen für Wolfgang Bosbach. Hersfeld darf ein bisschen Stolz sein, dass der ehemalige Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages nach seinem Festspielbesuch im vergangenen Sommer wiederum nach Osthessen kam. Er habe jedes Jahr rund 6.000 Anfragen und könne "nur" 400 bis 500 Zusagen geben, sagte Bosbach, der regelmäßig in den Fernseh-Talkshows zu sehen ist.
Bevor Bosbach rund 45 Minuten im vollbesetzten Konferenzraum im Mitmach-Museum Wortreich sprach, begrüßte Timo Lübeck die Gäste mit einer kämpferischen Rede. "Wir erleben in diesen Tagen teilweise eine Verrohrung der politischen Streit- und Debattenkultur. Diejenigen, die maßgeblich dazu beitragen, fehlen zwei wichtige bürgerliche Grundeigenschaften: Anstand und Stil", sagte der Haunetaler. Und er machte Wahlkampf: "Rot/Rot/Grün setzt lieber auf Uni-Sex-Toiletten als auf Sicherheit für die Bürger. Das kann keine Zukunftsoption für Deutschland sein. Deshalb ist es wichtig, dass die CDU ihre Konstanten weiter fest im Blick behält", sagte Lübeck.
Zum Abschluss des CDU-Neujahrempfangs schenkte Lübeck dem Gast aus Nordrhein-Westfalen zwei Flaschen Wein. Doch bevor Wolfgang Bosbach zurück nach Bergisch-Gladbach fuhr, erfüllte er noch jede Menge Fotowünsche. (Hans-Hubertus Braune) +++