"Ich hab gar nichts gemacht!"
Berufungsverhandlung mit üblen Beleidigungen - Tankstellenüberfall mit Kette
10.01.2017 / FULDA -
Eine Berufungsverhandlung, die immer wieder von Unschuldsbeteuerungen und schlimmen Flüchen des Angeklagten unterbrochen wurde, hatte heute ihren Auftakt vor der Jugendkammer des Fuldaer Landgerichts. Richter Joachim Becker hatte zunächst große Geduld mit den vielen verbalen Attacken des 19-Jährigen auf der Anklagebank. Nach zigfachen Ermahnungen sah sich Becker gegen halb elf Uhr schließlich gezwungen, den jungen Mann vorübergehend von der Verhandlung auszuschließen. Er musste in die Zelle im Untergeschoss des Gerichts gebracht werden.
Vor fast genau einem Jahr hatte der damals 19-Jährige am Morgen des 17. Januar 2016 in der Totaltankstelle in Bad Hersfeld die Pächterin um Herausgabe von 100 Euro angegangen und drei Packungen Zigaretten und acht Schokoriegel eingesteckt. Als die Frau den Aufforderungen nach Bargeld nicht nachkam, schlug der junge Mann eine massive metallene Fahrradkette auf den Tresen. Die Pächterin verschloss daraufhin die automatische Glaseingangstür, was den 19-Jährigen veranlasste, mit der Kette auf die Tür einzuschlagen, die jedoch standhielt.
Die verängstigte Pächterin konnte in einen Nebenraum flüchten und die Polizei alarmieren. Währenddessen verhielt sich der Mann weiter aggressiv und riss im Verkaufsraum Ware aus den Regalen. Schließlich kamen zwei Streifen mit vier Polizisten, die den 19-Jährigen nach Einsatz von Pfefferspray in Handschellen legen und abführen konnten. Seither befindet er sich in Haft.
Das Amtsgericht Bad Hersfeld hatte ihn am 1. August 2016 wegen schweren Raubes, versuchter gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Widerstands und Beleidigung gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Dagegen hatte sowohl der Verurteilte als auch die Staatsanwältin erfolgreich Berufung eingelegt - er sah sich offenbar zu hart bestraft, die Staatsanwältin wollte eine höhere Strafe erreichen. Sie zog ihren Berufungsantrag inzwischen jedoch zurück.
Mehr Klarheit über das tatsächliche Tatgeschehen brachten die Videoaufzeichnungen aus der Tankstelle, die im Gerichtssaal gezeigt wurden. Es war durchaus nachvollziehbar, dass die Pächterin sich vom aggressiven Auftreten des 19-Jährigen bedroht fühlte, tatsächlich war aber kein körperlicher Angriff auf sie oder jemand anderen auszumachen. Der heftige Schlag auf den Tresen und gegen die verschlossene Tür sind deutlich zu sehen.
Die Verhandlung wird heute Nachmittag mit der Vernehmung zweier weiterer Zeugen fortgesetzt. Carla Ihle-Becker+++