"Damit Herzen wieder im Takt schlagen"

Herz- und Kreislaufzentrum bekommt modernstes 3-D-Mapping-System

Ihr Arbeitsplatz hat ein wenig „Cyborg“-Atmosphäre: Im EPU-Labor bringen Dr. Stefan Steiner und Dr. Stefanie Bergmann mithilfe modernster Technik Herzen wieder in den richtigen Takt. Das EPU-Labor erhält in Kürze das weltweit modernste 3-D-Mapping
Foto: HKZ Rotenburg

08.12.2016 / ROTENBURG - Ihr Arbeitsplatz sieht ein bisschen aus wie eine Science-Fiction-Werkstatt: Große Maschinen, jede Menge Leitungen, ein riesiger Monitor, der sich in alle Richtungen schwenken lässt - das "EPU"-Labor von Chefarzt Dr. Stefan Steiner und Oberärztin Dr. Stefanie Bergmann ist ein Eldorado für High-Tech-Fans. Hier werden Menschen buchstäblich an die Technik angeschlossen.

"EPU" steht für Elektrophysiologische Untersuchung, und was die beiden spezialisierten Ärzte hier tun, sei für "Normalsterbliche" spektakulär. Die beiden Mediziner würden mit in ihrem Labor dafür sorgen, dass Herzen wieder im richtigen Takt schlagen. "Vereinfacht erklärt besteht der Arbeitsplatz aus zwei Einheiten", erklärt Dr. Steiner, "Wir haben eine Röntgeneinheit, die in zwei Achsen arbeitet, horizontal und vertikal. Und wir haben die Kathetereinheit mit der umfangreichen Überwachungstechnik." Dazu würden noch weitere Gerätschaften, zum Beispiel für die Gabe von Medikamenten, kommen.

"Unser 'Tagesgeschäft' sind Katheteruntersuchungen", erklärt Dr. Stefanie Bergmann. "Dabei schieben wir eine Art steuerbaren Schlauch über einen Zugang in der Leiste des Patienten durch die Vene bis ins Herz. Die Kombination von Röntgentechnik, dem Bildwandler und dem 3-D-Mapping-System erlaubt eine sehr genaue Analyse und gibt die Möglichkeit, genau an der richtigen Stelle einzugreifen, um das Herz wieder in den richtigen Takt zu bringen." 

Nichts verstanden?


Steiner und Bergmann lachen. Man müsste ein tiefes Verständnis für physikalische Zusammenhänge haben, um zu verstehen, was im EPU-Labor überhaupt gemacht wird. "Zuerst muss man wissen, dass ein rhythmischer elektrischer Potenzialausgleich zwischen den Zellen und der umgebenden Flüssigkeit der Grund ist, warum unser Herz überhaupt schlägt. Bei einem gesunden Herzen gibt es einen definierten Verlauf, den die elektrischen Entladungen als Strom über den gesamten Herzmuskel beschreiben. Diesen Streckenverlauf können wir mit unserer Technik sichtbar machen und sehen so, wo es eine Störung gibt", so Steiner. Als Verständnishilfe könne man sich ein Lauflicht vorstellen: Solange jedes Licht der Kette im richtigen Takt blinkt, entsteht der Eindruck einer synchronen Bewegung. Blinkt eins der Lichter im falschen Takt, wird dieser Eindruck gestört – bildlich wäre dies eine "Herzrhythmusstörung".

Mithilfe der bildgebenden Technik in ihrem Labor können Steiner und Bergmann also feststellen, welcher Punkt des Herzmuskels der Auslöser einer Rhythmusstörung ist. Die Kathetertechnik im Rotenburger EPU-Labor gehe aber noch weiter. Eines der am häufigsten eingesetzten Verfahren nenne sich "Ablation". Dabei wird genau der eine Punkt des Herzmuskels, der für die Rhythmusstörung verantwortlich ist, thermisch verödet. Danach könne er dem regelmäßigen Herzschlag nicht mehr "dazwischenfunken".

"Das schöne an unserem Beruf ist, das man unmittelbar heilen kann", sagt Steiner. "Die Ablationstherapie ist sehr wirkungsvoll und einer der Schwerpunkte in unserer Abteilung." Das Herz- und Kreislaufzentrum messe dieser Behandlung sehr großen Wert bei. Das 3-D-Mapping, das Voraussetzung für diese Art der Behandlung ist, würde in Kürze weiter aufgerüstet werden. "Damit haben wir dann das modernste 3-D-Verfahren, das überhaupt auf dem Markt verfügbar ist", freut sich der Chefarzt.

Neben dem EPU-Labor seien Dr. Steiner und Dr. Bergmann auch für das Herzschrittmacher- und Defibrillator-Labor zuständig, in dem die Patienten, die diese Geräte tragen, versorgt werden. Bleibe die Frage, wie man überhaupt zu einer derart interdisziplinären Ausbildung zwischen Humanmedizin und High-Tech kommt. Steiner lacht: "Ich habe mir nach dem Abi tatsächlich überlegt, ob ich Medizin oder Physik studieren soll. Aber ich arbeite eben gern mit und vor allem für Menschen." Im EPU-Labor könne der Chefarzt und seine Oberärztin beide Leidenschaften miteinander verbinden. Der Weg dahin war aber nicht einfach: "Wir sind Internisten, Kardiologen, Rhythmologen und Elektrophysiologen", so Bergmann abschließend. +++

Technik, wohin das Auge schaut. Das EPU-Labor von Dr. Steiner und Dr. Bergmann wirkt wie eine Reparaturwerkstatt für Cyborgs

Ob Schrittmacher oder eingebauter Defibrillator: Dr. Steiner und Dr. Bergmann versorgen die Träger dieser Geräte in ihrem Labor

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