Ein Abend bei den Kuntry-Kickers
Von schwingenden Petticoats, Schweißtüchern und Cowboy-Hüten
Fotos: Carina Jirsch
29.11.2016 / FULDA -
So ein richtiger Petticoat kann schon mal ein paar hundert Euro kosten. Aber das Geld ist er wert, denn erst wenn man in den weiten, schwingenden Rock schlüpft, "gibt's das richtige Feeling", sagt Tänzerin Mechthild. Sie ist eine der circa 65 Mitglieder des Vereins "Kuntry-Kickers-Petersberg" und hat bereits einen der großen Röcke an. Darunter trägt sie wie die anderen Frauen eine gerüschte Pettipant, ein Strumpfband und an den Füßen Tanzschuhe, an ihrem Taillen-Gürtel hängen kleine Gegenstände. "Das sind Dangles", erklärt mir president Andrea, kleine Gegenstände, die die Tänzer erhalten, wenn sie einen anderen Club besuchen. Und davon gibt es viele: Seitdem der Volkstanz nach dem Zweiten Weltkrieg durch die amerikanische Besatzung nach Deutschland geschwappt ist, haben sich gut 500 Vereine gebildet, erzählt Andrea.
"Square Chain Thru", "Square Chain Thru To A Wave", "Pass the Ocean" - wer den Square Dance lernen will, der muss nicht nur seine Füße, sondern auch seinen Kopf gehörig anstrengen. Insgesamt 70 Figuren mit solchen englischen Namen gibt es. Und im Optimalfall sollte man sie alle auswendig können. Bei meinem ersten Abend als Square-Dance-Tänzerin reicht es gerade mal für fünf. Und die bekomme ich auch nur hin, weil ich in Harald einen so guten Tanzpartner gefunden habe. Wenn der Caller - so wird Reinhard genannt, der den ganzen Abend über auf der Bühne steht und Befehle ruft, oder eher singt - eine Figur nennt, die ich nicht sofort verstehe, führt mich Harald sicher in die richtige Position.
Überhaupt geht es bei den "Kuntry-Kickers" außerordentlich freundlich und familiär zu: Es wird sich geduzt, egal wie alt das Gegenüber ist, nach jedem Tanz gibt es einen Applaus, und sogar ich als Fremde werde herzlich aufgenommen und bekomme von president Andrea höchstpersönlich sogar einen Petticoat geliehen. Und was Mechthild zu Beginn gesagt hat, wird jetzt wahr: Kaum habe ich meine Beine in den Rock gesteckt, will ich mich drehen und die Rüschen umherschmeißen. Caller Reinhard lässt meinen Wunsch auch sogleich in Erfüllung gehen und singt die ersten Figuren in sein Mikro: Zwei Stunden lang werden die Damen nun von ihren Partnern und Cornern (das sind die, die rechts neben ihnen stehen) umhergewirbelt. Und am Ende des Abends gibt es ein dreifaches: "Do-si-Do". Was das heißt? Nunja, eigentlich ist es einer der bekanntesten "Calls" beim Square-Dance. Aber hier bei den "Kuntry-Kickers" ist es noch dazu ein Ausruf größter Begeisterung. (Suria Reiche) +++