Wie der Vater, so der Sohn

Frankfurter Feuerwehrchef Reinhard Ries: Ein Junge vom "Landecker Amt"

Die obligatorische Tasse Kaffee, frisch gebrüht von Mutter Lina, köstlich!
Fotos: Gerhard Manns (6) / Feuerwehr Frankfurt/Ries (3)

27.11.2016 / SCHENKLENGSFELD - Es ist schon sehr beeindruckend und eine seltene Gelegenheit, wenn man ihm gegenübersitzt und Fragen zu seinem Werdegang als Feuerwehrmann stellt. Die Rede ist von Professor Dipl.-Ing. Reinhard Ries, dem 60-jährigen Chef der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main. Ganz besonders freuen sich seine Mutter Lina und sein Vater Reinhard, wenn er mal auf der Durchreise zur Hessischen Landesfeuerwehrschule nach Kassel ist und einen kurzen Abstecher in seinen Heimatort Schenklengsfeld, Kreis Hersfeld-Rotenburg macht.

Da hat seine Mutter schon frischen Kaffee aufgebrüht und aus dem Topf auf dem Herd duftet es wie früher nach Hausmannskost. Den Topfdeckel hat er mal kurz angehoben und gerochen, da kommt dann der Appetit von ganz alleine. OSTHESSEN|NEWS hatte die seltene Gelegenheit und konnte in seinem Elternhaus mit seinem Vater und mit ihm sprechen und Fragen stellen.

Vater Reinhard hatte viele Ehrenämter in Schenklengsfeld



Das Vorbild von Sohn Reinhard ist sein Vater, der ihn schon frühzeitig mit zur Jugendfeuerwehr nahm. Der 80-jährige Reinhard sen. ist schon seit 1953 Mitglied in der Feuerwehr Schenklengsfeld und gründete als damaliger stellvertretender Ortsbrandmeister im Jahr 1970 zusammen mit Jugendwart Peter Bock die Jugendfeuerwehr, zu der auch Reinhard jun. gehörte. Reinhard Ries war in seiner Heimatgemeinde in verschiedenen Führungspositionen der Feuerwehr tätig, unter anderem von 1972 bis 1993 als Ortsbrandmeister/Gemeindebrandinspektor und von 1993 bis 1999 Vorsitzender des Feuerwehrvereins. Zurzeit ist er als Seniorenbeauftragter der Feuerwehr in der Großgemeinde Schenklengsfeld tätig und hält somit die alten Herren bei der Stange. Auch die Beschaffung des ersten Tanklöschfahrzeuges, das von den Aktiven liebevoll „Elfriede“ genannt wird, fällt in seine Dienstzeit als Ortsbrandmeister. Erst kürzlich feierte die Feuerwehr Schenklengsfeld die 40-jährige Wiederkehr der Indienststellung des „Oldtimers“. Reinhard Ries war Mitbegründer der DLRG Gruppe, war seit 1972 bis zu seinem Renteneintritt beim Bauhof der Gemeinde beschäftigt und hat in seinen langen Jahren bei der Feuerwehr viele Orden-und Ehrenzeichen bekommen, unter anderem das Deutsche Feuerwehrehrenkreuz in Silber und die Skt. Florians Medaille in Silber am Bande.

Vom Jugendfeuerwehrmann zum Chef der Feuerwehr Frankfurt am Main

Mit 14 Jahren wurde Reinhard jun. Mitglied in der Jugendfeuerwehr von Schenklengsfeld. Nach dem Besuch der Alten Klosterschule und anschließend am Obersberg machte er 1976 sein Abitur und leistete anschließend seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr ab.1978 folgte das Studium Architektur in Darmstadt. „Eigentlich hatte ich mich nie mit dem Gedanken getragen, mal Berufsfeuerwehrmann zu werden“, sagte ein nachdenklicher Reinhard Ries jun. im Interview mit OSTHESSEN|NEWS. Aber es kam anders als geplant und es folgte eine zweijährige Ausbildung zum höheren feuerwehrtechnischen Dienst als Brandreferendar beim Regierungspräsidium Darmstadt. Von 1988 bis 1993 war er bei der Berufsfeuerwehr München bis er dann am 1. Februar 1993 als 36-jähriger, einer der jüngsten Chefs einer Berufsfeuerwehr, die Stelle in Frankfurt am Main bekam. „Mit einer Einstellung hatte ich eigentlich nicht gerechnet, weil ich mir bei insgesamt 12 Bewerbern kaum eine Chance ausrechnete.

Viele Umstrukturierungen

Nach der Übernahme seiner Position als Chef von einer der größten Berufsfeuerwehren in Deutschland stellte er gleich fest, dass die Feuerwehr Frankfurt am Main gar nicht so gut aufgestellt war, wie das manchmal nach außen hin dargestellt wurde. Viele Löschfahrzeuge waren Prototypen und im Aufbau völlig unterschiedlich, sodass die Helfer, wenn sie auf ein anderes Fahrzeug kamen, Schwierigkeiten hatten sich zurechtzufinden. Die Gerätschaften waren nie einheitlich bei allen Fahrzeugen am selben Ort, sondern die Einsatzkräfte mussten auf Suche gehen wo was liegt oder welches Gerät wo verlastet war. Das ist mittlerweile vorbei, jeder Löschfahrzeugtyp ist identisch und die Sucherei hat damt ein Ende. Bei der Feuerwehr Frankfurt am Main sind auch die mehr als 40 Rettungswagen der Feuerwehr- und Rettungsdienste komplett identisch.

Weil er sich zwei Stellvertreter in die Führungs-Hierarchie geholt hatte, wurde ihm das damals von einigen konservativ Denkenden als Führungsschwäche angelastet. Schon kurze Zeit später hat man aber gemerkt, dass dem nicht so ist, denn von den beiden Stellvertretern ist einer für die Gefahrenabwehr und einer für die Infrastruktur verantwortlich

"Die Zeiten der Einzelkämpfer und der Helden an der Spitze seien vorbei, deswegen die beiden Stellvertreter, das sind starke Persönlichkeiten", so die Feststellung von Reinhard Ries.Ries bezeichnete das als den größten Strukturwandel bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main und nannte noch den Neubau von zehn neuen Feuer- und Rettungswachen mit insgesamt 12 Standorten und 8 neuen Feuerwehrhäusern mit insgesamt 28 Standorten und die damit verbundene Reduzierung der Hilfsfrist auf nunmehr acht Minuten. Insgesamt 98 Prozent der Stellen bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt/M sind besetzt und das sei als gut zu bezeichnen.

Besonders stolz ist Reinhard Ries jun. auf die Gründung der ersten Kinderfeuerwehr in Frankfurt/M im Jahr 2004 in Hessen. Wir haben schon sehr frühzeitig erkannt, dass nur wer die Kinder in den Kitas schon frühzeitig für die Feuerwehr begeistert, auch ausreichend Nachwuchs für die Jugendfeuerwehr und für die Einsatzabteilungen bekommt. Überhaupt liegt ihm die Jugend-und Nachwuchsarbeit bei der Feuerwehr sehr am Herzen.

Hochwasserschutz vom Bastler Reinhard Ries sen.

Zum Abschluss des Pressegesprächs macht er noch auf seine Erfindung zum Hochwasserschutz aufmerksam. Unter dem Namen „AQUARIWA“ gibt es schon seit einigen Jahren eine patentierte Lösung für den schnellen und effektiven Schutz gegen Überflutung. Im Juni 2013 hat Reinhard Ries jun. selbst gegen Wassermassen gekämpft, denn das Hochwasser der Elbe bedrohte das Örtchen Gartow im Niedersächsischen Wendland. Dort hatte die Frankfurter Feuerwehr das System mit runden Tonnen, die mit Wasser gefüllt werden sehr erfolgreich eingesetzt und so den Ort vor einer drohenden Evakuierung bewahrt. Dieses System hatte sein Vater in seiner Garage ausgetüftelt und es gilt unter Experten als das innovativste und wirtschaftlichste System in Deutschland. Gerade für Regionen, die regelmäßig mit Überflutungen zu kämpfen haben, dürfte dieses System von Vorteil sein.Informationen dazu gibt es im Internet unter www.aquariwa.de. (Gerhard Manns) +++

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