"Etwas, das sich nie wiederholen darf"

Fuldaer Bürger gedenken 1938, als Nazis die Synagoge anzündeten


Fotos: Martin Engel

11.11.2016 / FULDA - Es ist ein dunkles Kapitel in der deutschen Geschichte, da waren sich am Mittwochabend alle einig. Etwa 100 Bürger und Kommunalpolitiker hatten sich dort versammelt, wo einst die jüdische Synagoge stand. Um der gezielten Anschläge der Nationalsozialisten auf die jüdische Bevölkerung in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zu gedenken, haben sich am Mittwoch Vertreter aus Politik und Kirche, Christen und Juden in der Straße "Am Stockhaus" in der Innenstadt versammelt. Denn dort hat sie gestanden: die Fuldaer Synagoge.
 
Es war der frühe Morgen des 10. November 1938, als die jüdische Gemeinde ohnmächtig dabei zusehen musste, wie ihr Gotteshaus in Flammen aufging. Auf Befehl der Nazi-Gauleitung in Kassel, dort Feuer zu legen, wo sonst gebetet wurde, ließ der damalige Bürgermeister Karl Ehser die Synagoge in Brand setzen - ganze zwei Mal. Erst als die Flammen bereits aus dem Dach loderten, erlaubte man Löscharbeiten - und das auch nur, um den Rest der eng bebauten Innenstadt zu schützen. Ein Rabbiner schaffte es noch, rituelle Gegenstände aus den Flammen zu retten, bevor er von grölenden Menschen umstellt und geschlagen wurde. Ein Skandal, dass erst 1948 erste Versuche unternommen wurden, dieses deutschlandweite Verbrechen strafrechtlich aufzuarbeiten.
 Diesem furchtbaren Kapitel deutscher Geschichte widmete sich am Montagabend Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld in seiner Rede am ehemaligen Standort der Synagoge. "Wir müssen uns dazu bekennen, dass wir alles daran setzen, dass sich so etwas niemals wiederholt", sagte er. Dass es nie mehr so weit komme, dass aus Nächstenliebe Hass werde. Dem schloss sich am Montag auch Bischof Heinz-Josef Algermissen an. Auch er war gekommen, um der Opfern der verhängnisvollen Nacht zu gedenken, die man inzwischen Reichspogromnacht nennt. In seinem Gebet bat er darum, dass die Menschheit sich nie mehr so manipulieren lässt wie damals.


Dr. Irena Ostmeyer von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Fulda stellte ihm und den anderen Anwesenden einen jungen Mann vor, der wohl das Gleiche hofft, aber leider Anderes erlebt hat: Hamza Al-Abed ist aus Syrien geflohen und erzählte davon, dass es in seiner Heimat auch einen Menschen wie Hitler gäbe, der das eigene Volk vernichten wolle. "Vielen bleibt aber nur die Flucht", sagte er. Hier in Deutschland hofften die Menschen auch auf Frieden und Sicherheit. "Doch auch hier gibt es Hass. Nicht wie damals gegen Juden, sondern gegen Muslime." Aber natürlich gebe es auch hier Menschen, die ihm offen gegenüber treten würden.

Damit es mehr von ihnen gibt, sprach Pfarrer Marvin Lange im Anschluss ein Gebet, und  Roman Melamed, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, betete ein traditionelles Trauergebet auf Deutsch und Hebräisch. (Suria Reiche) +++

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