200 Seiten Buch zeigt wertvolle Arbeit

Scheitert Inklusion an Finanzierung? - ANTONIUS Netzwerk Mensch im Wandel - VIDEO

Der Inklusionsbotschafter Christian Strunz (rechts) übergibt Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld das erste Exemplar des Antonius-Buches
Fotos: Erich Gutberlet

28.10.2016 / FULDA - "Die wichtigste Herausforderung ist die Finanzierung", bringt es der Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH Antonius Netzwerk Mensch, Rainer Sippel, auf den Punkt. Die Inklusion ist in Deutschland ein großes Thema. "Es wird viel darüber gesprochen, hier wird Inklusion einfach gemacht", lobt Armin von Buttlar das Konzept in Fulda. Der Vorstand von Aktion Mensch macht im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS aber auch deutlich: "Der Staat darf sich nicht herauswinden, indem er Förderungen kürzt. Der Staat will Inklusion, also muß er auch einsehen, dass es Geld kostet", sagt von Buttlar. Die Stiftung Aktion Mensch unterstütze neue Projekte und treibe diese voran.


Das Antonius Netzwerk Mensch befindet sich im Wandel. Die Zeiten, wo "Behinderte" in Heimen versorgt und betreut werden, sind vorbei. "Wir sind nicht Behinderte, wir sind Bürger", sagt der Inklusionsbotschafter Christian Strunz und bringt damit auf den Punkt, wie die Zukunft aussehen soll. Menschen mit Handicap sind vollwertiger Teil der Gesellschaft, sie sollen am öffentlichen Leben wie jeder andere auch teilnehmen. "Wir wollen unser Haupthaus öffnen, die Menschen sollen gerne hierher kommen, es sollen noch mehr Kontakte und Freundschaften entstehen. Das Wohnen in Heimen wollen wir beenden", sagte Sippel während einer Feierstunde im Antonius-Café.

Hintergrund dieser Feier: Die Verantwortlichen von Antonius Netzwerk Mensch stellten ein rund 200-seitiges Buch vor, welches die Arbeit, die Vielseitigkeit der Projekte und Betriebe innerhalb des Netzwerkes darstellt, aber auch kritisch beleuchtet. Was ist und was sind die Ziele? Dazu gehört erstmals auch ein Jahres- und Wirkungsbericht, welcher in einem zweiten Buch beleuchtet wird. "Die Spender und Unterstützer wollen wissen, ob ihr Geld für die Zwecke, für die sie gespendet haben, ankommt und die Ziele erreicht werden", sagte Sippel. In dem Bericht werden konkrete Zahlen genannt - das Antonius Netzwerk Mensch öffenet sich und legt seine Bilanzen gemäß dem allgemein gültigen und anerkannten Standard des "Social Reporting Standard SRS" vor.

Die Spenden und sonstige Zuwendungen betrugen im Jahr 2015 5,1 Prozent (1,7 Millionen Euro) der gesamten Erträge. Aus den eigenen Wirtschaftsbetrieben - zum Beispiel dem Antoniushof, der Gärtnerei oder Bäckerei - erzielte das Netzwerk 5,3 Millionen Euro Erträge. Die staatlichen Zuwendungen machen nach wie vor den größten Anteil mit 26,3 Millionen Euro aus. Doch dieser Anteil werde geringer. Über 1.000 Menschen (348 mit Handicap) arbeiten bei Antonius. Das Netzwerk ist also auch einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region.

Das schwache Zinsniveau mache es Stiftungen etwa von Banken immer schwerer, Mittel aus diesen Bereichen zu spenden. Geeignetes Fachpersonal zu finden, sei eine weitere Herausforderung. Antonius müsse mit seinen Eigenbetrieben mehr Umsätze erzielen, werde dadurch aber auch zu einem größeren Konkurrenten und Mitbewerber in der Region. Wie kann wirtschaftliches Handeln und soziales Engagement gemeinsam funktionieren? - Auch diese Frage müsse und werde in intensiven Gesprächen behandelt.

Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU) erhielt symbolisch vom Inklusionsbotschafter Christian Strunz und Antonius-Geschäftsführer Rainer Sippel das erste Exemplar. "Heute darf ich dem Herrn Oberbürgermeister einen Schatz überreichen, auch wenn er kein Gold und kein Silber enthält. Es ist ein guter Schatz", sagte Strunz. Wingenfeld dankte allen, die an der Erstellung des Buches mitgewirkt haben. "Die im Buch enthaltenen Ideen sind mehr Wert als Gold. Das Buch zeigt auch, wo wir hinwollen. Wie kann die Zukunft für ein selbstbestimmtes Leben aussehen", sagte Wingenfeld.

"Antionius Netzwerk Mensch ist ein starkes Stück menschliches Deutschland. Wir brauchen diese Intialzündung. Das Buch ist ein wunderbares Angebot für Dialoge. Es ist ein Lehrbuch, wie Zusammenleben funktioniert. Es gibt Anstöße, auch zu Widerspruch und kritschem Austausch", sagte der heimische Bundestagsabgeordnete Michael Brand (CDU). Er ist Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses im Deutschen Bundestag und damit auch mit der Ausgestaltung des Teilhabegesetzes befasst. Aus Fulda, der inklusivsten Stadt Deutschlands ging am Donnerstag ein weiteres wichtiges Signal aus, dass Inklusion in Teilen schon funktioniert. Doch es braucht weiter viele guter Ideen und Menschen, die es umsetzen. Bei Allem ist die Finanzierung die Grundvoraussetzung, dass es funktionieren kann.

Das Antonius-Buch mit dem Titel "ermutigen, fördern, begleiten" ist im Buchhandel erhältlich. Sehen Sie nachfolgend weitere Hintergründe und Informationen zur Zukunft von Antonius Netzwerk Mensch in unserem ausführlichen Videobeitrag (einfach oben auf das große Bild klicken). (Hans-Hubertus Braune) +++

X