Nach Polizistenmord in Bayern

Gefährlich oder nur nervig? Reichsbürger auch in Osthessen aktiv


Foto: picture alliance / dpa / Nicolas Armer

22.10.2016 / REGION - Der für einen Polizisten tödlich endende Einsatz bei einem Reichsbürger im fränkischen Georgensgmünd hat bundesweit Bestürzung ausgelöst. Ein Sondereinsatzkommando rückte am Mittwochmorgen vor dem Haus von Wolfgang P. an, da der Sportschütze seine Waffen abgeben sollte. Zuvor war er von den Behörden als unzuverlässig eingeschätzt worden. Als die Beamten in das Haus eindrangen, zückte der selbsternannte Reichsbürger seine Waffen und schoss durch eine geschlossene Türe. Vier Polizisten wurden verletzt, einer sogar so schwer, dass er kurze Zeit später im Krankenhaus verstarb.



Die Reichsbürgerbewegung, welche auch in Osthessen tätig ist, umfasst mehrere uneinheitliche Gruppen Verschwörungstheoretiker und meist Rechtsextremer, die sich selbst als „Reichsbürger“, „Reichsregierung“, Staatsangehörige des Freistaates Preußen“ oder „Natürliche Personen“ bezeichnen. Im Jahr 2014 sorgte ein Fall für Schlagzeilen, der vor dem Amtsgericht in Fulda verhandelt wurde. Sieben Männer aus dem Landkreis hatten eine Finanzamtsmitarbeiterin daran gehindert, in ihrem Dienstwagen wegzufahren. Wegen Freiheitsberaubung wurden die Staatsleugner zu einer Haftstrafe auf Bewährung und Geldstrafen verurteilt.

Nach Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz in Hessen geht derzeit keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Die meisten Anhänger der Bewegung würden die Gesetze und Regeln der Bundesrepublik lediglich aus finanziellen Gründen nicht akzeptieren. Dies sieht auch Polizeisprecher Martin Schäfer vom Polizeipräsidium Osthessen ähnlich. „Natürlich darf man die Leute nicht verharmlosen, schließlich handelt es sich um eine Gruppe mit krimineller Energie.“ Die meisten davon, so ist sich aber auch Schäfer sicher, seien allerdings Menschen, die aus finanzieller Sicht gescheitert seien. „Die bezahlen dann einfach ihre Rechnungen und Mahnungen nicht mehr.“

Reichsbürger basteln sich gern mal ihre Ausweise und Führerscheine selbst, zanken mit Verwaltungen und zahlen keine Gebühren oder unterkellern sogar ihre Schrebergartenhäuschen für „Notfälle“. Lange wurden sie als Spinner abgetan, sie seien nervig, aber nicht wirklich bedrohlich. Der Fall von Georgensgmünd spricht nun eine andere Sprache und zeigt, wie auch der Fuldaer Fall, dass die Reichsbürger durchaus gefährlich werden können. Aus diesem Grund, so Schäfer, würden auch diejenigen, die in der Region als Staatsleugner bekannt seien, von der Polizei überwacht. (Miriam Rommel) +++

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