Rundreise zur Orgelförderung (3)

Historische Klangvielfalt - hier: Orgel der Ev. Kirche in Neuberg-Rüdigheim



01.10.2016 / NEUBERG - Im Rahmen ihres gemeinsamen Orgelförderprogramms haben in den vergangenen Tagen Dr. Thomas Wurzel, Geschäftsführer der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, Dr. Markus Harzenetter, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen und Dr. Bernhard Buchstab, Orgelsachverständiger und Konservator im Landesamt für Denkmalpflege Hessen mehrere Kirchengemeinden besucht, die in diesem Jahr bei der Sanierung ihrer Orgel gefördert werden.

„Die Orgeldenkmalpflege ist ein weites Feld, dem unsere gemeinsame Leidenschaft gilt. Unser Ziel ist es, hessenweit Restaurierungen anzuschieben, die von den Kirchengemeinden kaum alleine getragen werden können. Ich freue mich, dass wir mit unserem Programm bereits rund 100 bedeutenden Orgelrestaurierungen den Weg ebnen konnten“, so Dr. Thomas Wurzel. „Orgeln sind in dreifacher Hinsicht Zeugnisse unseres historischen Erbes“ erläutert Dr. Markus Harzenetter. „Sie gehören zum einen untrennbar zur Ausstattung unserer Kirchen, sind also bedeutende Kunstdenkmäler, die mit ihrem kunstvollen Gehäuse in engem Zusammenhang mit der Architektur einer Kirche zu sehen sind. Zum anderen sind sie aufwändige technische Denkmäler: Orgeln sind komplexe technische Meisterwerke, geprägt von hohem kunsthandwerk-lichen Können, deren materieller Erhalt heute im Fokus der denkmalpflegerischen Bemühungen steht. Vor allem aber sind sie Klangdenkmäler mit einer individuellen Klanggestalt, die Teil der immateriellen Denkmaleigenschaft der Orgel ist. Orgelmusik füllt und belebt unsere historischen Kirchenräume auf faszinierende und einmalige Weise.“

„Besonders interessant ist dabei, dass wir anhand des Erscheinungsbildes einer Orgel, ihrer technischen Ausstattung und ihres Klangs Aussagen darüber machen können, aus welcher hessischen Orgelwerkstatt das Instrument stammt. Vor ganze neue Herausforderungen stellen uns die Orgelwerke der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhundert mit ihrer neobarocken Klanggestalt und ihren Körpern aus Kunststoffen und Metallen“, ergänzt Dr. Bernhard Buchstab. Das Orgelförderprogramm wurde 2001 ins Leben gerufen. Seitdem werden jedes Jahr fünf bis acht historische Instrumente mit 20% der Gesamtkosten gefördert. Ziel des Förderprogramms ist es, die Vielfalt von historischen Orgeln in Hessen zu erhalten erlebbar zu machen. Darüber hinaus unterhält das Landesamt ein wichtiges Netzwerk für Orgelsachverständige aller Landeskirchen und Diözesen in Hessen.


DETAILS zur Orgel der Ev. Kirche in Neuberg-Rüdigheim (Main-Kinzig-Kreis)


Die evangelische Pfarrkirche in Rüdigheim war ursprünglich eine Kirche der einstmals ansässigen Johanniterkommenden. (Die Kommenden waren Mitglieder des Ordens mit Niederlassungen in den regionalen Provinzen, sie dienten nicht zuletzt zur Finanzierung des Kampfes der Ordensritter gegen die Muslime.) Die Kirche wurde ab 1260 unter Verwendung von Teilen der Vorgängerkirche in frühgotischer Formensprache umgebaut und mit einem Chor versehen. Entsprechend ihrer ursprünglichen Bestimmung als Ordenskirche besitzt sie nur einen bescheidenen Dachreiter. Das Kirchengebäude besteht aus einem einschiffigen Langhaus mit zwei Jochen und einem hohen Chor in Langhausbreite mit 5/8-Schluss. Der Raum weist frühgotische Maßwerkfenster und Kreuzrippengewölbe auf. Seine ursprüngliche Farbigkeit konnte in den 1950er Jahren wieder hergestellt werden.

Die Orgel steht auf der Westempore gegenüber dem Chor. Sie wurde 1789 von Johann Georg Zinck gebaut. Verschiedene Umbauarbeiten im Laufe der Jahrhunderte brachten einige Veränderungen im Bestand mit sich. Gravierend waren die Eingriffe 1957/58 und 1974, die aus heutiger Sicht negative Auswirkungen insbesondere auf die Windanlage, den technischen Apparat sowie das Pfeifenwerk hatten.

Die Kirchengemeinde hat sich nun entschlossen, die Zinck-Orgel zu restaurieren. Ein wesentliches Ziel dabei ist es, die Veränderungen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rückgängig zu machen. Die Gesamtkosten belaufen sich auf ca. 100.000 Euro. Die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und das Landesamt für Denkmalpflege Hessen bezuschussen die Maßnahme mit 20.000 Euro.

Ansprechpartner: Ev. Kirchengemeinde Rüdigheim, Pfarrer Simon Frömming
Kirchgasse 8 in 63543 Neuberg-Rüdigheim
Tel. 06183/2248, Mail: simon.froemming@ekkw.de    +++

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