"Gab kein Grund für das Läuten"

In Horas schweigen nachts die Kirchenglocken - nach Anwohnerbeschwerde

Nachts schweigt der Horaser Kirchturm
Fotos: Julius Böhm

27.09.2016 / FULDA - Im Grunde ist die Geschichte schnell erzählt: Ein Anwohner in Fulda-Horas beschwerte sich bei der Pfarrgemeinde St. Bonifatius, warum denn auch nachts die Kirchenglocken zu jeder vollen Stunde läuten müssten - das würde doch die Anwohner beim wohlverdienten Schlaf stören. Der Verwaltungsrat der Pfarrgemeinde tagte, diskutierte und wägte ab - und man kam zu dem Schluss, dass es keine sinnvollen Gründe für das nächtliche Läuten gäbe und man daher der Beschwerde nachgehen könne.

So auch geschehen, denn seit August schweigen die Kirchenglocken ab 23 Uhr am Abend. Erst am nächsten Morgen markiert der erste Glockenschlag die sechs auf der Uhr. Wie gesagt, eigentlich schnell erzählt, wären Fulda und seine Randgemeinden nicht das "Mekka der katholischen Traditionen".

Winfried Engel, Sprecher des Pfarrgemeinderates, war bei der Sitzung am 2. August dabei und kann die Entscheidung voll und ganz nachvollziehen: "Niemand konnte einen logischen Grund aufführen, der für das Läuten gesprochen hätte. Wichtig ist aber: Man hat der Beschwerde nicht vorschnell nachgegeben. Nach einer intensiven Diskussion ist man zum Wohle der Anwohner und der Menschen in Horas zum dieser Entscheidung gekommen." In Zeiten, in denen jeder Mensch eine Uhr oder zumindest ein Smartphone besitze, sei der Sinn des Glockengeläuts zur vollen Stunde abhanden gekommen.

"Liturgische Anlässe bleiben unberührt"


Den ersten Schritt zur Abwendung von katholischen Traditionen sieht Winfried Engel damit nicht gegeben. "Die Entscheidung wurde sehr gut abgewogen. Auch 'treue Kirchgänger' haben hier und da schon nachgefragt, ob das nächtliche Geläut noch sein muss. Man muss auch Traditionen ehrlich hinterfragen dürfen, und das wurde im Verwaltungsrat eben getan."

Außerdem genieße der Glockenschlag nur einen geringen rechtlichen Schutz. "Wichtig ist aber, dass das Geläut zu liturgischen Anlässen unangetastet bleibt. Bei einer solchen Anfrage oder Beschwerde wäre es gar nicht erst zu einer Diskussion gekommen." (Julius Böhm) +++

X