Urologe Prof. Dr. Tilman KÄLBLE klärt auf
Angst vor der Prostatakrebsvorsorge - Männer das "schwache Geschlecht"
Fotos: Toni Spangenberg
07.09.2016 / FULDA -
Die Männer das starke Geschlecht? Wohl kaum, meint Urologe Prof. Dr. Tilman Kälble vom Klinikum Fulda. Sie sind Vorsorgemuffel und sterben im Schnitt sechs Jahre früher als Frauen. Wirklich beunruhigend ist, dass viele Männer ab 45, anders als empfohlen, nicht einmal pro Jahr zur Prostatakrebsvorsorge gehen. "Fakt ist, dass das Prostatakarzinom der häufigste bösartige Tumor beim Mann ist, rechtzeitig diagnostiziert fast immer heilbar. Zu spät diagnostiziert, kann man es maximal aufhalten." Im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS klärt Kälble über die Bedrohung durch Prostatakrebs auf und räumt mit Irrtümern auf.
Wenn es um die Vorsorge geht, sind Männer richtige Muffel. "Das hat auch etwas mit der Erziehung zu tun. Es ist einfach irrational und schwer zu erklären." Im Gegensatz zu Frauen, die ab einem bestimmten Alter mit dem Frauenarzt zu tun haben, tauchten typische Männerprobleme erst spät auf. Die Behandlung eines Prostatakarzinoms kann die Potenz beeinträchtigen. "Das weckt Angst vor dem Verlust der Männlichkeit und ist sicher auch ein Grund, warum viele nicht zur Vorsorge gehen."
Dabei ist die Vorsorge so wichtig. "Ich habe den Eindruck, dass Prostatakrebs in Deutschland zunehmend erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt wird." Früh erkannt und organbegrenzt liegen die Heilungschancen laut Kälble bei weit über 90 Prozent. "Hat der Krebs erst einmal Metastasen gebildet, ist eine Heilung ausgeschlossen." Das Perfide an der Sache: Es gibt keine typischen Symptome. Der Patient kann nach zehn Jahren ohne Behandlung noch leben. Nur komme dann jede Hilfe meist zu spät, da der Krebs dann schon Metastasen gebildet habe.
Wurde Prostatkrebs erst einmal diagnostiziert gibt es verschiedene Möglichkeiten ihn zu behandeln. "In einem frühen Stadium reicht es womöglich schon aus, den Patienten 'aktiv zu überwachen', das heißt halbjährlich den PSA-Wert zu untersuchen und einmal im Jahr eine Gewebsprobe zu entnehmen." Ist der PSA-Wert zu hoch, müsse gleich behandelt werden. Das kann durch eine Strahlentherapie, die Spickung der Prostata mit radioaktiven Nadeln oder eine Radikaloperation erfolgen. "Vor der Operation haben viele Angst, weil sie befürchten impotent und inkontinent zu werden. Wenn jemand Erfahrung mit der OP hat, ist diese Gefahr allerdings im Bereich weniger Prozent." Bei einer Strahlentherapie würde die Potenz nach zwei Jahren sowieso verloren gehen. "Rechtzeitig diagnostiziert leben Patienten nach der Operation ganz normal weiter und sind geheilt. Deshalb ist die Vorsorge auch so wichtig."
Dass die Aktion Manndeckung auch in Fulda große Resonanz gefunden hat, freut Kälble. Nächstes Jahr wird er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Sein Ziel ist es, die Manndeckung auch bei Bundesligaspielen zu etablieren, um so möglichst viele Männer zu erreichen. "Wichtig ist es ab dem 45. Lebensjahr einmal alle 12 Monate zum Urologen und zum Hausarzt zu gehen, um die Prostata und das Herz-Kreislaufsystem untersuchen zu lassen." (Toni Spangenberg) +++