Die MITTWOCHS-KOLUMNE
WIELOCH schreibt an (1) .... die SOMMERLAD-Mitarbeiter in Petersberg

31.08.2016 / FULDA - Liebe Sommerlad-Mitarbeiter,
ich wünschte, Sie würden keine Möbel, sondern Autos verkaufen. Die Autoindustrie hat bei uns eine gewaltige Lobby. Vor Porsche, Mercedes und BMW kuscht die Politik. Kampflos wird hier gegen den Willen der Fahrzeugbauer keine komplette Belegschaft mal so eben aussortiert. Sie verkaufen hingegen – ohne Schummelsoftware – „nur“ Betten, Schränke, Sessel und Sofas. Auf denen gönnen sich auch die ein entspanntes Nickerchen, die Sie gerade im Nieselregen stehen lassen, während Sie sich nachts unruhig im Bett wälzen. Eine ungewisse Zukunft ist kein sanftes Ruhekissen.
Wir haben Ende August 2016. Hochsommer. Die Freibäder sind noch einmal überfüllt. Am Wochenende sind überhitzte Straßen geplatzt wie Ihr Traum von einem sicheren Job. Viele genießen die letzten heißen Tage des Jahres. Sie haben dafür keinen Kopf. Ihre heißen und vielleicht letzten Sommerlad-Tage stehen erst bevor. Haben Sie im Frühjahr 2017, wenn der Raps zwischen Rhön und Vogelsberg wieder blüht, noch Arbeit? Oder ist Sommerlad in der Region dann bereits Geschichte?
Wenigstens die Solidarität Ihrer Mitmenschen ist Ihnen sicher. Ihre Online-Petition hat schon fast 1.500 Unterstützer. Hier äußern viele ihren Unmut. Drücken Ihnen die Daumen. Stärken Ihnen den Rücken. Doch Fakt ist auch: Geht die Sache schief, kräht schon niemand mehr aus der Region nach Sommerlad und schon gar nicht nach Ihnen, wenn auf der Wasserkuppe die letzten Schneefelder zu schmelzen beginnen. Auch im beschaulichen Osthessen ist die Welt schnelllebig und oberflächlich. Alles ist vergänglich. Schließt Sommerlad die Türen, rennt die Masse für ihr neues Ess- oder Gästezimmer eben woanders hin, in den Billig-Nachmieter, ins Rhein-Main-Gebiet, nach Kassel oder Würzburg, mit Sicherheit aber nicht ins Landratsamt oder Regierungspräsidium. Die nette Dame von der Kasse, der kompetente Berater aus der Bettenabteilung, den man seit Jahrzehnten kennt: Beide sind schneller vergessen, als Sie „Siebenzonenkaltschaummatratze“ aussprechen können. Sie teilen das Schicksal der deutschen Olympiasieger im Kanu, Bahnradfahren oder Schießen: die sind für kurze Zeit in aller Munde, dann blitzschnell wieder vergessen.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Jochen Wieloch