Die Bahnhofsmission ist umgezogen
Hier treffen Schicksale aufeinander und Reisende finden Hilfe
Fotos: Carina Jirsch
31.08.2016 / FULDA -
Es herrscht geschäftiges Treiben in den Räumen am Fuldaer Bahnhof, in denen bis vor kurzer Zeit noch die Autovermietung Sixt zuhause war. Die orangefarbenen Werbetafeln der Firma sind inzwischen verschwunden. Stattdessen hängen weiße Lamellenvorhänge an der großen Fensterfront. Der ein oder andere Besucher hat sie schon zugezogen, aus Angst, jemand könnte ihn von draußen sehen. Denn die meisten der Menschen, die hierherkommen, sind nicht stolz darauf. Sie sind in irgendeiner Form durch das System der Stadt gefallen. "Durch Schicksalsschläge, Alkohol, Drogen oder einfach, weil sie ihren Job verloren haben", sagt Monika Niestroj. Die 55-Jährige ist Leiterin der ökumenischen Bahnhofsmission.
Seit einigen Wochen ist das etwa 30-köpfige Team aus Ehrenamtlichen nun nicht mehr an Gleis 1 zu finden. Die Räume, in die die Bahnhofsmission gezogen ist, sind neuer, größer und auch heller als die alten. Ihre ehemalige Wirkungsstätte direkt an den Gleisen des Fuldaer Bahnhofs vermissen die Mitarbeiter trotzdem manchmal. Die Räume hier unten an der Rückseite des Gebäudes haben aber dennoch ihre Vorteile: Gut 20 Menschen haben an den mit Blumen geschmückten Tischen im Gastraum gleichzeitig Platz. Durch ein Fenster, das in die Küche der Bahnhofsmission führt, haben sie Kontakt zu den Mitarbeitern, die für sie Kaffee oder Tee kochen und Brote schmieren. Wahlweise mit Schmalz oder Marmelade. An heißen Tagen gibt es außerdem Eistee.
"Der kommt besonders gut an", sagt Niestroj. Sie muss es wissen: Der Kontakt zu den Menschen, die hier manchmal mehrmals am Tag erscheinen, ist ihr wichtig. Sie weiß, dass die Räume für manche der Besucher wie ein zweites Wohnzimmer sind. "Einige von ihnen kommen morgens um 8, trinken ihr Käffchen, halten einen Plausch mit uns und kommen dann am Mittag nochmal, um ein Brot zu essen." 60 bis 80 Menschen sind es ungefähr am Tag, vor allem, wenn es draußen regnet, kommen sie gern. In der Bahnhofsmission ist es trocken und warm, "und wir schmeißen niemanden raus, egal wie voll es ist."
Dass die Arbeit manchmal schwierig ist, gehört dazu. Dennoch ist die Stimmung im Team unschlagbar. Vielleicht ein Grund, aus dem Peter Axt vor ungefähr einem Jahr dazu gestoßen ist. Seine Frau ist verstorben, er von Alsfeld nach Fulda gezogen, hier kannte er niemanden. Das hat sich durch seine Arbeit geändert. "Was sich außerdem ändert, ist, dass man das, was man zuhause hat, mehr schätzt", sagt Niestroj. Und noch dazu komme das, was man gibt, irgendwann zu einem zurück, da ist sie sich sicher. "Die Leute, die hierherkommen, sind dankbar. Auch wenn sie es nicht immer zeigen." (Suria Reiche) +++