Innovatives Start-up Mues-Tec

Aus den USA nach Müs: Viktoria & Michael THUR vertreiben "Spiegelfernseher"

Fernseher in einen Spiegel eingebettet gibt es aus Großenlüder-Mues
Fotos: Julius Böhm

11.08.2016 / GROSSENLÜDER - Es klingt nach einer Mischung aus Star Trek und Männertraum: Im Badezimmer die Nachrichten oder Sportereignisse verfolgen, beim Zähneputzen nicht einfach nur in den Spiegel gucken, sondern dabei auf einem kleinen Fernseher über die neusten Ereignisse informiert werden. In Deutschland sind verspiegelte und wasserdichte Fernseher noch relativ unbekannt. Die junge Firma MuesTec aus Großenlüder-Müs vertreibt die besonderen Geräte. Viktoria Thur (34) kommt aus der Branche und hat das Start-Up mit ihrem Mann Michael (44) im April 2016 gegründet. 

Doch zunächst 17 Jahre zurück in der Geschichte: Die damals 17-jährige Viktoria zieht in die USA. Sie zieht zu Verwandten nach Florida und macht dort ihre Schulausbildung fertig. "Ich musste einfach raus, hatte keine Lust auf das Abitur - mit dem Highschool-Abschluss ging es dann aber ganz schnell. Die Lebensumstände waren in den USA einfach anders." Darauf folgt ein Studium in Finanzwirtschaft und der Einstieg in den Finanzsektor. Als Darlehensvermittlerin arbeitet sie bei großen Banken, macht sich später selbstständig.

"Da habe ich dann auch Michael kennengelernt: Er hat mich zur Selbstständigkeit motiviert, war mein Rückenwind", beschreibt sie den gelernten Dachdecker. Zusammen leben die beiden nahe Fort Lauderdale. "Das Unternehmen lief, aber es stagnierte etwas - die Finanzkrise tat dann noch ihr Übriges, und es machte keinen Spaß mehr", erzählt die 34-Jährige. Sie schließt das Unternehmen und stößt mehr durch Zufall auf ein Unternehmen, das in USA nach einer deutschen Mitarbeiterin sucht. Ein Unternehmen, das verspiegelte Fernseher vertreibt.

2013 zieht das Paar dann nach Deutschland - erst nach Fulda, dann nach Großenlüder-Müs. "Meine Mutter ist über 70, ich war 15 Jahre lang weg, und Heimat ist einfach Heimat - es war an der Zeit." In Deutschland verkauft Viktoria Thur die "Spiegelfernseher" für das US-Unternehmen, ist aber zunehmend mit der Produktqualität unzufrieden. "Der Amerikaner ist anders als der Deutsche - dort nehmen die Menschen die Qualität etwas lockerer. Ich wollte nicht mehr mit meinem Gesicht hinter den Produkten stehen."

Sie kündigt und plant mit ihrem Mann eine eigenständige Firma: Mues-Tec. "Ich kenne nur zwei deutsche Mitbewerber. Deshalb haben wir uns ins das Abenteuer Selbstständigkeit gestürzt", sagt sie. Acht Fabriken wurden in Asien besichtigt, bis der richtige Zulieferer gefunden war und die ersten verspiegelten und/oder wasserdichten Fernseher im Lager waren. "Ich kümmere mich um das betriebswirtschaftliche und den Betrieb - mein Mann fügt die Komponenten zusammen und verschickt die bestellten Fernseher", erklärt Viktoria Thur den Ablauf.

Jeder "Spiegel-TV" ist quasi ein Unikat: "Er ist zu hundert Prozent kundenspezifisch. Die Größe des Spiegels, die des Fernsehers, die Position, der Abstand zu den Seiten, LED-Beleuchtungen, Kondensschutz für das Badezimmer - der Kunde kann alle Möglichkeiten zusammenstellen. Es steckt viel Handarbeit darin." Gedacht sind die Fernseher für Badezimmer, Hotels, Saunabereiche, aber auch als Digital-Signage-Flächen für Modeläden und andere Branchen. Weitere TVs mit in Deutschland hergestelltem Stahlrahmen gehören zur Produktpalette - bis 84 Zoll Fernsehgröße, also 2,13 Meter, ist alles möglich. "Und weitere Produkte mit Touchscreen und anderen Innovationen sind in der Testphase", stellt Viktoria Thur in Aussicht.

Nach der Gründung im April gingen im Juli die ersten Bestellungen ein. Thur und ihr Mann hoffen, dass der Break-Even-Point - der Punkt, ab dem man schwarze Zahlen schreibt - noch zum Ende des Jahres erreicht ist. "Spätestens aber im kommenden Jahr", ist sie zuversichtlich. Die Ehe leidet unter dem Unternehmerstress zwangsläufig: "Es fällt schwer, abzuschalten. Auch beim Glas Wein am Abend spricht man über Kunden und Bestellungen, und manchmal fliegen auch die Fetzen, aber das ist normal. Wir wollen daraus wachsen." Viktoria und Michael haben Spaß an der Herausforderung, vor allem weil sie hinter ihren eigenen Produkten zu stehen können: "Es ist toll, wenn Kunden sich melden und sagen, wie toll ihre Fernseher aussehen. Jetzt müssen wir sie nur noch bekannt machen." (Julius Böhm) +++

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