Großartige Solidarität nach Großbrand

JOSSA - ein Dorf hält zusammen: Über 700 Schnitzel für die erste Hilfe

Über 700 Gäste kamen zur Schnitzelaktion im Landgasthof Jossgrund zu Gunsten der Familie Schüssler
Fotos: Hans-Hubertus Braune

26.07.2016 / SINNTAL - "Wir sind überwältigt von dieser Hilfe und Unterstützung. Eben kamen vier kleine Kinder zu uns. Sie haben Bilder gemalt und uns eine Gurke mitgebracht", sagt Heinrich Schüssler. "Das wird mal euer Haus", sagt ein Junge und zeigt auf sein selbstgemaltes Bild. Sie sind gerührt und können kaum fassen, wie viele Menschen kommen und ihre Hilfe anbieten. Das Ehepaar Schüssler hat nach dem schrecklichen Brand wieder etwas Hoffnung.



Am Sonntag vor einer Woche brannte ihr Haus nahezu komplett nieder, ein in Brand geratener Fernseher war der Auslöser. Das Feuer breitete sich über mehrere Etagen aus. Alles ist zerstört, auch die Wohnung des Sohnes. Das Wohnzimmer, die beiden Küchen, die Schlafzimmer und die Bäder. Zentimeterdick liegt die Asche auf der Brandruine. Liebgewordene Erinnerungen verkohlt auf dem Boden - der Anblick schockiert und macht traurig. Der Sachschaden beträgt mehrere hunderttausend Euro.

Aber: Die Art und Wiese, wie ganz Jossa, die Nachbarn von außerhalb nun zusammenstehen und helfen - das baut die Familie auf. "Aber heute Abend können wir noch nicht kommen. Das schaffen wir im Moment noch nicht. Wir sind so gerührt von allem", sagen sie, während unten im Dorf die Parkplatzeinweiser den Besuchern den Weg auf eine angrenzende Wiese zeigen. Über 700 Menschen - darunter auch viele Einsatzkräfte der Feuerwehren und Firmen aus der Gemeinde Sinntal - haben sich zum Abendessen im Landgasthof "Jossgrund" angemeldet. Frank Zeller und sein Team haben das Schnitzelkraftwerk angeschmissen. Für 9,90 Euro gibt es riesige Schnitzel, dazu jede Menge Beilagen - fünf Euro gehen direkt an die Familie Schüssler.

Bürgermeister Carsten Ullrich hat die Kochschürze an und steht am Kraftwerk. 2009 zum hundertjährigen Jubiläum wurde hier das größte Schnitzel der Welt gebraten - über 90 Meter lang. Im Guinness-Buch der Rekorde ist dies festgehalten. "Das, was Familie Schüssler passiert ist, nimmt einen mit, ich war geschockt als ich es gesehen habe. Wir wollen die Familie mit dieser Aktion unterstützen, damit sie sich wenigstens das Wichtigste wie zum Beispiel Kleidung kaufen können", sagt Frank Zeller, während er die nächsten Schnitzel aus dem Kühlhaus holt. 350 Kilogramm haben sie in der eigenen Metzgerei produziert. Alle packen mit an, die Schlange wird immer länger.

Aus allen Richtungen kommen die Leute. "Die Hilfsbereitschaft ist beeindruckend", sagt Bürgermeister Carsten Ullrich. Als am vergangenen Sonntagabend plötzlich das Feuer im Wohnhaus der Familie Schüssler ausbricht, ist Ullrich ebenfalls zur Stelle. Er hat seinen geplanten Urlaub nicht angetreten. Über hundert Einsatzkräfte der Feuerwehren kämpfen gegen die Flammen an. Auch denen danken Heinrich Schüssler und seine Frau. "Sie haben eine tolle Arbeit gemacht, wir sind ihnen so dankbar", sagt Schüssler, selbst viele Jahre Gemeindebrandinspektor.

Eins ist ihm wichtig zu sagen: "Bitte schreiben Sie, dass wir allen so dankbar sind, die uns ihre Hilfe anbieten. Irgendwann werden wir uns noch selbst bedanken, aber im Moment können wir das einfach noch nicht." Und er schöpft Mut, dass seine Familie vielleicht in einem Jahr wieder in ihr eigenes Haus ziehen kann. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Solange sind die Schüsslers bei Nachbarn - auch das war nach dem Großbrand sofort eine Selbstverständlichkeit - untergebracht. Sich gegenseitig zu helfen, da zu sein, wenn es jemandem aus dem Dorf schlecht geht - das zeichnet das Leben auf dem Lande aus. Und ganz besonders in Sinntal-Jossa. Darauf können die rund 630 Einwohner Stolz sein. (Hans-Hubertus Braune) +++

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