Ein Jahr nach der Brandkatastrophe

"Wollen ab August wieder sägen" - Hainzeller Sägewerk feiert Richtfest

Christian, Gangolf und Anna-Lena Hosenfeld
Fotos: Julius Böhm

09.07.2016 / HOSENFELD - Am kommenden Montag jährt sich der 11. Juli 2015 zum ersten Mal. Es war der Tag, an dem Gangolf Hosenfeld mit seiner Familie und seinen 50 Mitarbeitern vor den verbrannten Trümmern seiner Existenz stand. "All das, was meine Familie über Generationen und schließlich auch ich aufgebaut hatten, war völlig zerstört", sagt der Besitzer des Sägewerks "Gebrüder Hosenfeld". Schnell wurde der Entschluss gefasst, alles wieder aufzubauen, einen Neustart zu wagen. Am Freitag wurde im Hosenfelder Ortsteil Hainzell ein großes Richtfest gefeiert. Ab August sollen sich die Sägen bei den "Gebrüdern Hosenfeld" wieder drehen.



"In den ersten Momenten war ich sehr niedergeschlagen. Die Brandkatastrophe hat mich tief berührt", erzählt Hosenfeld vor den rund 300 geladenen Gästen. Es sind Menschen, die ihn und das Unternehmen in den letzten zwölf Monaten unterstützt und am Leben gehalten haben. "Die Welle der Unterstützung, der Hilfeleistung und der Sympathie war so groß. Die Entscheidung, das Sägewerk wieder aufzubauen, war schnell getroffen - meine Kinder Anna-Lena und Christian haben mit viel Engagement und Motivation mitgeholfen. Auch meine Mitarbeiter haben hervorragende Arbeit geleistet."

Innerhalb des Unternehmens wurde die Brandkatastrophe zur Chance umfunktioniert. Der Zusammenhalt zwischen Kunden, Lieferanten und Partnern sei herausragend gewesen: "Sägewerke in der ganzen Region haben Mitarbeiter von uns aufgenommen", erzählt Sohn Christian (21), der mit seiner Schwester Anna-Lena (24) das Studium unterbrochen hat, um den Familienbetrieb zu unterstützen, "wir konnten zwei Drittel unserer Kunden weiterhin versorgen, kein Mitarbeiter wurde auf die Straße gesetzt." Vater Gangolf ergänzt: "Für diesen Zusammenhalt sind wir zu großem Dank verpflichtet."

Das Sägewerk, das Hobelwerk, alle Lagerhallen und Vorräte waren im Juli 2015 nur noch ein Trümmerhaufen. Nach einem Jahr steht eine 70 Meter lange und 30 Meter breite Sägehalle, dahinter ein 100 Meter langes und 15 Meter breites Sortierwerk, die beide schon bald in Betrieb gehen werden. "Wir haben 4.000 Quadratmeter neue Produktionsfläche. 600 Kubikmeter Holz, 1.000 Kubikmeter Beton und 1.500 Tonnen Stahl wurden verbaut - die Investiotionssumme ist im guten zweistelligen Millionenbereich", zählt Hosenfeld auf.

Finanziell, emotional und auch menschlich war das letzte Jahr ein Herausforderung, aber gemeinsam mit seinen beiden Kindern und viel Rückhalt aus der Belegschaft und dem Umfeld hat es Hosenfeld geschafft. "Anfangs waren natürlich alle geschockt, aber als dann schnell die Entscheidung fiel, das Sägewerk wieder aufzubauen, haben alle Beteiligten an einem Strang gezogen und Vollgas gegeben", sagt Christian Hosenfeld, der sein BWL-Studium unterbrochen hat. Seine Schwester Anna-Lena hat das Master-Studium aufgeschoben: "Wir sind hier im Familienunternehmen aufgewachsen und haben keine Sekunde nachgedacht: Wir wollten helfen. In den letzten zwölf Monaten haben wir so viel Praxiserfahrung gesammelt, die uns kein Studium der Welt hätte geben können."

Landtagsmitglied Markus Meysner (CDU) rief den Motivationsruf "Tschakka!" in die Runde: "In diesem Wiederaufbau steckt viel unternehmerischer Mut. Man hat Christian und Anna-Lena die Motivation und den Willen, das Unternehmen weiterleben zu lassen, angemerkt. Solch ein schreckliches Ereignis schweißt zusammen - ich hoffe, dass das Sägewerk dorthin zurückkommt, wo es einmal war und vielleicht auch noch weiter." Hosenfelds Bürgermeister Peter Malolepszy (CDU) sah am Donnerstagabend die hohe Rauchsäule, die vom Großbrand im 18 Kilometer entfernten Herbstein (Vogelsbergkreis) verursacht wurde: "Es war ein Deja vu, mir lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. Erinnerungen kamen hoch, aber heute ist ein Tag der Freude, denn der Blick geht nach vorne."

Mit einem funktionierenden Netzwerk aus Partnern, Zulieferen, Kunden und vor allem Mitarbeitern sieht sich Gangolf Hosenfeld gut gerüstet für die Zukunft: "Wir werden bald mit einer modernen, zukunftsorientierten Anlage arbeiten. Unsere Mitarbeiter haben ein großes Know-How, und mit meinen Kindern ist die Zukunft gut abgesichert." (Julius Böhm) +++

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