Nach 67 Jahren wiederbelebt

Passionsspiele in Hilders - "ein Riesenevent für unser Dörfchen"

Die Proben für die Passionsspiele laufen auf Hochtouren - nur noch das Bühnenbild im Hintergrund muss fertiggestellt werden.
Fotos: Suria Reiche

25.06.2016 / HILDERS - Wir schreiben das Jahr 1949. Das Jahr, in dem der aus Hilders stammende Pfarrer Josef Nüdling die Leidensgeschichte Jesu auf gut 60 Seiten Papier festhält. Er will sie an der Kapelle am Battenstein bei Hilders aufführen. Viele Jahrzehnte später findet man die alten Seiten auf dem Dachboden des Pfarrhauses wieder. Auch die Kostüme von damals sind noch erhalten. Der Hilderser Pfarrer Michael Möller nimmt beides an sich, schreibt die Texte darauf so um, dass sie zur heutigen Zeit passen und macht sich im Dorf auf die Suche nach Schauspielern und Schauspielerinnen. Am kommenden Wochenende, 67 Jahre nach der Uraufführung im Jahr 1949, wird das Stück auf einer Wiese neben der Sankt Bartholomäus-Kirche in Hilders zum zweiten Mal gezeigt. Vier Aufführungen sind geplant - schon jetzt sind alle ausverkauft.


Kein Wunder: "Das ist ein Riesenevent für unser Dörfchen", sagt Bernd Klein. Er ist einer von über hundert Aktiven, die gemeinsam mit Pfarrer Möller dafür gesorgt haben, dass das Stück aufgeführt werden kann. "Für die meisten von uns war das absolutes Neuland", sagt Klein, der einen der beiden Schächer spielen wird, die zusammen mit Jesus gekreuzigt wurden. Seit Februar sind er und die anderen am Proben. Und eins kann Klein sagen: "Wir sind aufgeregt bis in die Haarspitzen." Immerhin sind alle Aufführungen von Freitag bis Montag restlos ausverkauft. Auf der Tribüne, die unmittelbar vor der Bühne aufgebaut wird, haben etwa 300 Leute Platz. Es wird also ein sehr viel größeres Event werden als damals am Battenstein.

Ein weiterer Unterschied: Bei den Aufführungen neben der Kirche werden sehr viel mehr Frauen dabei sein als damals. "Die Passionsgeschichte war zu männerlastig. Deswegen habe ich aus einigen Händlern kurzerhand Händlerinnen gemacht“, sagt Pfarrer Möller, der selbst erstaunt darüber ist, was aus seiner Idee geworden ist, die ihm im Jahr 2011 kam, als ihm das Drehbuch in die Hände fiel. "Klar, ich wollte den Leuten die Glaubensverkündung wieder bewusster machen. Aber mir war es auch wichtig, den Zusammenhalt in der Gemeinde ein bisschen zu fördern." Die Frage, ob ihm das gelungen ist, muss man nicht stellen. Beim Blick auf die Menschengruppe, die sich gut eine Woche vor der ersten Aufführung zum Proben versammelt hat, miteinander lacht, Texte durchgeht und Kritik austauscht, kommt einem die Antwort ganz von allein.



"Vorher kannten wir uns alle nur vom Sehen", sagt auch Schauspieler Bernd Klein, "jetzt sind wir eine richtig eingeschworene Gemeinde." Ein schöner Nebeneffekt, finden er und die anderen Hilderser. "Und außerdem ist es doch toll, dass hier in unserem Ort mal wieder so etwas Großes auf die Beine gestellt wird. Sonst fahren die meisten immer in die Stadt, um etwas zu erleben. Aber jetzt passiert es hier genau vor ihrer Haustür", fügt Detlev Greschner an. Gemeinsam mit seiner Frau Brigitte hat er die Regie übernommen. Als Kolping-Schauspieler gehört er zu den wenigen auf und hinter der Bühne, die bereits Theatererfahrungen sammeln konnten.



Aber auch ohne Schauspielerfahrung: Der Text sitzt bereits bei allen Akteuren. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass auch das Wetter seine Rolle mit Bravour spielt. "Die Zuschauer können aber beruhigt sein, es gibt überdachte Sitzplätze." (Suria Reiche) +++

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