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Hessen gegen den Glücksspielvertrag

Wahrlich nervenaufreibend ist der Poker, der aktuell rund um den Glücksspielvertrag ausgetragen wird. Zwar kippte das Lotto-Monopol, doch der Vertrag aus 2012 wurde nie umgesetzt. Jetzt stellt sich Hessen in weiten Teilen gegen die Vertragsdetails. pixabay.com © fielperson (CC0 Public Domain)

07.06.2016 / REGION - Ein deutliches “Nein” zum Glücksspielvertrag gab es seitens der hessischen Regierung. Zumindest wurde diese Absage von der Wiesbadener Staatskanzlei an die anderen Bundesländer gerichtet. Dann folgte eine Besprechung in Berlin. Der Grund: Hessen und damit Regierungssprecher Michael Bußer hält Teile des Glücksspielgesetzes für rechtswidrig und verweigert eine entsprechende Unterschrift. Ob die Alternative – ein eigenes, hessisches Glückspielgesetz – zur Realität wird oder ob es zu einer Einigung kommen kann, steht aktuell in den Sternen.

Rückblick: Das geschah bisher mit Blick auf das Glücksspiel



Seit dem Jahr 2012 gilt der Glücksspielstaatsvertrag, kurz GlüStV. Im Paragraf 1 wurden diese Ziele festgelegt: Doch was in der Theorie geplant war, wurde bis heute noch nicht in der Praxis umgesetzt. 20 Konzessionen sollten auf sieben Jahre an Sportwetten-Anbieter vergeben werden. Das wäre die Aufgabe Hessens gewesen. Doch die Vorgabe scheiterte auch gerade an der vorgegebenen Begrenzung auf 20 Konzessionen. Die Praxis zeigte, dass die Anbieter, die ohne Lizenz ausgingen, vor Gericht zogen – und Recht bekamen. So missglückte diese Vorgabe des Glücksspielvertrags in der Praxis.
Doch auch das ist nur ein Bruchteil dessen, was nun für Aufruhr sorgt. Im Detail bedeutet das nämlich, dass der Ärger aus dem Jahr 2012 bis heute nicht gelöst ist, denn: Laut Glücksspielvertrag sollten Online-Casinos mit Sitz in Deutschland verboten werden. Da allerdings Lotterien und Sportwetten ausnahmsweise genehmigt werden, widerspricht dies dem EU-Recht. Globaler betrachtet bedeutet dies, dass die Länder nach aktuell gültigem Recht am staatlichen Lottomonopol festhalten. Und das obgleich sie eigentlich dazu verpflichtet wurden, den Markt für Privatanbieter zu öffnen.

Hessen stellt deutliche Forderungen auf

Spannend ist in dem Zusammenhang vor allem diese Entwicklung: Obgleich sich die Bundesländer Deutschlands nicht an die Vorgaben gehalten haben, konnten sich die privaten Anbieter am Markt etablieren. Allerdings taten sie dies mit Lizenzen aus dem EU-Ausland und damit ohne nötige Rechtssicherheit.  Hessens Innenminister Peter Beuth formulierte diese Forderungen:   Die anderen Bundesländer hingegen weigern sich, einen Neustart in der Odyssee des Glücksspielvertrages hinzunehmen. Das teilten die Regierungschefs von Sachsen-Anhalt und Bremen in Vertretung der anderen Bundesländer mit. Der Vorschlag Hessens wurde damit vom Tisch gefegt und mehrheitlich abgelehnt. Als Alternativlösung, um die Fehler im aktuellen Vertrag nachzujustieren und auszumerzen, solle nun eine Arbeitsgruppe und Leitung von Reiner Haseloff ins Leben gerufen werden. Die Tendenz geht dahin, die Anzahl der Sportwettenlizenzen zu erhöhen. Dies hatten bereits Nordrhein-Westfalen und Bayern vorgeschlagen.

Beim Streit um den Glücksspielvertrag geht es (auch) ums Geld

Mit Blick auf die Daten aus dem Branchenreport zum Spiel-, Wett- und Lotteriewesen zeigt sich auch ein weiterer Grund, warum der Ruf nach einer Legalisierung des Glücksspiels einen hohen Stellenwert hat: nämlich des Geldes wegen. Prognosen zufolge soll der deutschlandweite Umsatz in der Glücksspielbranche 13,54 Milliarden Euro betragen. Eine weiter steigende Tendenz ist nicht auszuschließen.

Für den Fiskus ist das ein lukratives Geschäft, denn er schielt nicht nur auf die Spielbankabgaben, sondern auch auf die Umsatz-, Gewerbe sowie Körperschaftsteuer. Der Europäische Gerichtshof hat nämlich entschieden, dass auch Glücksspielumsätze an Spielgeräten umsatzsteuerpflichtig sind. Der Steuersatz beträg 19 %. Bei einem Umsatz von 13,54 Milliarden Euro geht es dabei um eine Summe von 2,56 Milliarden Euro. Doch das ist noch nicht alles. Von den Gewinnen, die aus Glücksspielen erwirtschaftet werden, müssen die betroffenen steuerpflichtigen Unternehmen Körperschaftsteuer entrichten. Geht man davon aus, dass die Glücksspielunternehmen als juristische Person dem Körperschaftssteuersatz von 25% unterliegen, so würden vom zu erwartenden Gewinn einige Millionen oder gar Milliarden Euro in die Staatskasse fließen – von den Einnahmen aus Gewerbesteuer ganz zu schweigen. Es ist anzunehmen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sich die Länder einigen und einen Schlüssel finden, der die Steuereinnahmen auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt.

Das Bundesland Hessen spricht sich deutlich für die Legalisierung von Online-Casinos aus. Die anderen Bundesländer haben allerdings eine andere Meinung. pixabay.com © hannahlouise123 (CC0 Public Domain)

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