Marathonsitzung dauert sechs Stunden

Peter FRICKE (AfD) unterstellt Kreistagsmitgliedern "Überheblichkeit und Anmaßung"


Fotos: Gerhard Manns

24.05.2016 / BAD HERSFELD - Der Kreistag soll offener für Schulklassen werden, die AfD relativiert den Rechtspopulismus, und der Kreis freut sich über Mehreinnahmen in Höhe von sieben Millionen Euro. Im Vordergrund der konstituierenden Sitzung des Kreistages des Landkreises Hersfeld-Rotenburg am Montag standen aber ganz klar verschiedene Wahlen. Unabhängig von deren Ausgang forderte Landrat Dr. Michael Koch: "Wir brauchen eine parteiübergreifende Zusammenarbeit zu allen Themen. Die Verwaltung ist nur ein Dienstleister, sie sind das oberste Organ des Kreises."



Peter Fricke (AfD), das mit 80 Jahren älteste Mitglied des Kreistages, erklärte den Abgeordneten, vermutlich mit Blick auf die Kritik an Positionen der AfD, dass Rechtspopulismus nichts Negatives sei. "Populistisch zu sein, heißt, dem Volk aufs Maul zu schauen und die Meinung des Volkes gegenüber den Eliten zu vertreten." Populisten kämen nicht nur von rechts, sondern auch von links. Keine der Parteien, die im Kreistag sitzen und es auch bei den vergangenen Landtagswahlen in die Parlamente geschafft haben, seien undemokratisch. "Es ist überheblich und anmaßend, einzelne Parteien als undemokratisch zu bezeichnen. Das ist eine Beleidigung des Wählers." Bei seiner Rede verließen die Abgeordneten der Linken geschlossen den Sitzungssaal.

Alter und neuer Vorsitzender des Kreistages ist Horst Hannich. Er sicherte zu, seiner Verpflichtung sachgerecht nachzukommen und seine bevorstehenden Aufgaben objektiv und neutral wahrzunehmen. "Ich wünsche mir, dass die Abgeordneten in sachlichen Debatten und Beratungen nach bestmöglichen Lösungen suchend, zu guten Entscheidungen kommen." Zu seinen Stellvertretern gewählt wurden Helmut Opfer (SPD), Rolf Malachowski (FDP), Wolfgang Curth (CDU), Kaya Kinkel (Grüne) und Hans Georg Vierheller (FWG).

Für Aufsehen sorgte ein Antrag der AfD, die Ausschussmitglieder von derzeit zwölf auf sieben zu begrenzen. "Das sorgt für eine schlankere und effektivere Verwaltung. Mit weniger Mitgliedern können Ausschüsse zügiger und zielorientierter arbeiten." Das lehre die Erfahrung, so AfD-Mitglied Stefan Wild. Schließlich verstehe sich die AfD als neue Volkspartei und ist der Meinung, dass mit weniger Ausschussmitgliedern der Wählerwillen besser abgebildet werden könne. Gegenwind bekommt die Partei von allen anderen im Kreistag vertretenen Fraktionen, allen voran von der SPD, die elf Ausschussmitglieder für angemessen hält. "So können die Fraktionen möglichst gut eingebunden werden. Langatmige Debatten, wie von der AfD angeführt, entsprechen nicht der Wahrheit", stellte Manfred Fehr, SPD-Fraktionsvorsitzender, klar. Matthias Reiter (AfD) kritisiert den Vorstoß seiner Partei ebenfalls, denn eine möglichst umfassende Vertretung aller Fraktionen sei wichtig. Dies könne bei Umsetzung des AfD-Vorschlags nicht gewährleistet werden. Der Antrag wurde von den Abgeordneten mit 57 Gegenstimmen abgelehnt. Die Parlamentarier beschlossen stattdessen eine Reduzierung der Mitgliederzahl auf elf, wie von der SPD vorgeschlagen.



Die Parteien haben nun bis zum 22. Juni Zeit, Mitglieder für die Ausschüsse Ältestenrat, Finanzen, Arbeit, Jugend und Soziales, Bildung Kultur und Sport, Wirtschaft, Verkehr, Tourismus und Gesundheit und Energie, Umwelt und ländlicher Raum zu benennen. Die SPD erhält jeweils vier, die CDU drei und Grüne, AfD, FWG sowie FDP je einen Sitz.

Zu den ehrenamtlichen Kreisbeigeordneten gewählt wurden für die SPD Christel Stumpf, Alfred Rost, Thomas Giese und Herbert Heisterkamp, für die CDU Carsten Backhaus, Heinz Schlegel und Jürgen Schäfer, für die Grünen Klaus Renschler, für die AfD Wolfgang Heidsiek, für die FWG Anja Zwilch und für die FDP Werner David.



Insgesamt fünf Anträge standen am Montag zur Abstimmung. SPD und CDU stellten eine Resolution gegen die im Bundesverkehrswegeplan ausgewiesene zweigleisige Bahnstrecke von Kirchheim nach Blankenheim an die Bahntrasse Fulda-Eisenach-Erfurt. "Der jetzige Plan bietet keinen Mehrwert für die Region. Der Fernverkehr in Bad Hersfeld würde durch die Strecke eingeschränkt und die Festspielstadt wäre für Besucher schwierig zu erreichen", stellt Walter Glänzer von der CDU fest. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Einer Resolution der SPD zur Sicherung der Kaliproduktion in der Region wurde mit Ausnahme der Linken zugestimmt. Ebenfalls verabschiedet wurde eine Resolution der Grünen Bürger stärker in die Entscheidungen zur Ausweisung von Flächen für Windparks zu beteiligen. Mit Mehrheit wurde der Vorstoß der FDP, die Zulassungsstelle in Rotenburg wieder an Samstagen zu öffnen angenommen. Der Vorschlag der AfD die Zahl der Kreistagsabgeordneten in der nächsten Legislaturperiode von 61 auf 51 zu reduzieren wurde abgelehnt. (Toni Spangenberg) +++

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