Dieter Wedel und Hexenjagd-Ensemble eröffnen die Probenzeit
Andrè Hennicke, Christian Nickel, Motsi Mabuse, Intendant Dieter Wedel, Elisabeth Lanz und Horst Janson (von links)
stellen sich dem Blitzlichtgewitter ...
Fotos: Gudrun Schmidl
11.05.2016 / BAD HERSFELD -Motsi Mabuse, erfolgreiche Profi-Tänzerin und Jury-Mitglied in der RTL-Show „Let´s dance“, galt bei dem Start der Festspielproben das größte Interesse der zahlreichen regionalen und überregionalen Medienvertreter. Sie verkörpert Tibuta in Arthur Millers „Hexenjagd“, neu gelesen und inszeniert von Intendant Dieter Wedel. Für Dieter Wedel die Idealbesetzung, denn obwohl ohne Schauspielerfahrung, bringe die attraktive Südafrikanerin etwas mit, was jede andere Schauspielerin sich mühsam aneignen müsste: ihr entzückendes Kauderwelsch. Für sie wie für das gesamte Ensemble begann der Tag mit einer kurzen Leseprobe in der Stadthalle am Kurpark in Bad Hersfeld. Einziger Unterschied: Für Motsi Mabuse war das die erste Leseprobe ihres Lebens. „Wir wollen hier aber nicht feststellen, ob Sie lesen können“, nahm Dieter Wedel ihr die Anspannung.
Zuvor wurde Aufstellung für die obligatorischen offiziellen Pressefotos genommen. Hier und in der Folgestunde übernahm Moni Liegmann, die persönliche Referentin von Dieter Wedel, die „Regie“, denn der Probenbeginn im Beisein der Presse sollte den Zeitrahmen keinesfalls sprengen wie geschehen bei der Pressekonferenz im März im Hotel am Kurpark. Dieter Wedel gestand, dass er an dem besagten Tag wegen völliger Übermüdung jede Konzentration verloren hat und alles ein wenig aus dem Ruder lief. Er versprach für den heutigen Probenbeginn Besserung mit Regisseur Joern Hinkel als „Assistenten“ an seiner Seite, der zur ersten Lesung den Anfang des 4. Aktes auf Seite 99 auswählte und "Hersfeldpreisträger" Christian Schmidt in der übernommenen Rolle als Ezekiel Cheever und Motsi Mabuse aufrief.
Dieter Wedel stellte noch einmal die interessante Mischung des Ensembles heraus, bei dem für jede Altersgruppe die passenden Darsteller dabei sei. „Naturgemäß auch Anfänger, aber vor allem sehr renommierte Schauspieler wie Hans Diehl, der die Rolle des Samuel Sewall übernimmt, die Hans Peter Hallwachs aus gesundheitlichen Gründen in diesem Sommer nicht spielen kann. Hans Diehl ist ein mehr als würdiger Ersatz. Er trat an allen großen Bühnen im deutschsprachigen Raum mit hochkarätigen Regisseuren auf, und auch Dieter Wedel schätzt die Zusammenarbeit mit ihm. So spielte Hans Diehl in „Der Schattenmann“, „Der König von St. Pauli“ und in „Die Affäre Semmeling“.
Bei der Leseprobe am gestrigen Dienstag dabei waren weiterhin Elisabeth Lanz, Christian Nickel, Andrè Hennicke, Horst Janson, Bettina Hauenschild, Rudolf Krause, Corinna Pohlmann, Sybille Kreß, Janina Stopper, Helen Woigk, Kim Bormann und Milena Tscharnke. Richy Müller war beruflich verhindert, und auch André Eisermann hatte heute Drehtag. Brigitte Grothum spielt noch Theater in Hamburg und wird aber - wie ihre fehlenden Schauspielkollegen auch - in Kürze in Bad Hersfeld eintreffen.
Nach den Lesungen verschiedener Szenen ging Regisseur Dieter Wedel in seinem Schlusswort noch auf seine Bearbeitung des Stückes ein. „Hexenjagd ist ein spannender Polit-Thriller und zugleich ein beklemmendes, bewegendes menschliches Drama, in dem es um verletzte Gefühle, persönliche Abneigungen, Hass, Neid und Gewinnsucht geht“. Zum Inhalt: Junge Mädchen tanzen nachts im Wald. Die Beschwörung soll ihnen zu ihrem Liebesglück verhelfen. Pastor Parris wird Zeuge des nächtlichen Spuks. Eine harmlose Kinderei ist der Anlass für wuchernde Gerüchte, die allgemeine Verfolgungshysterien anheizen und manche zur eigenen Bereicherung nutzen. Salem wird zu einem Hexenkessel der Beschuldigungen und Unterstellungen – und Salem kann ganz schnell überall sein.
Dieter Wedel nannte als Beispiel die Hexenjagd auf Bill Clinton nach der Sexaffäre mit seiner Praktikantin Monica Lewinksy. „Eine Hexenjagd beginnt dann, wenn die Verhältnismäßigkeit aufgehoben wird, wenn aus einem Fehltritt ein Verbrechen wird“, sagte er und ergänzte vorbeugend: „Skepsis und Zweifel sind wunderbare menschliche Eigenschaften“. Dieter Wedel hat Arthur Millers Text bearbeitet und herausgekommen ist eine Fassung, die respektvoll gekürzt und in einer aktuellen Sprache gespielt wird. „Eins zu eins ein Stück zu erzählen, würde zu entsetzlichen Missverständnissen führen“.
Zum ersten Mal wird Dieter Wedel in der Stiftsruine auch modernste Videotechnik einsetzen. Auf einer großen Videowand werden Filmszenen eingespielt, die das Geschehen auf der Bühne kommentieren und voran treiben. Die Schauspieler auf der Bühne werden mit den Filmsequenzen in Interaktion treten. In diesen Einspielfilmen wird Jasmin Tabatabai als Sarah Good zu sehen sein, die Ende Mai zu den Dreharbeiten nach Bad Hersfeld kommen wird.
Nach diesen ersten Eindrücken und Erläuterungen, die die Neugier und Vorfreude auf diese Inszenierung steigern, war der Probenbeginn für die Pressevertreter nach genau einer Stunde offiziell vorbei. Dieter Wedel, der gestand, dass er vor der ersten Probe immer einen Riesenbammel hat, brannte offensichtlich darauf, mit der Probenarbeit zu beginnen, übernahm nun wieder die Regie, die er Moni Liegmann übertragen hatte. (Gudrun Schmidl) +++