NACHGEDACHT 170

Genau hinhören... Gedanken von Christina LEINWEBER



10.04.2016 / REGION - Unsere Sinnesorgane sind für uns oftmals erst dann ein riesiges Geschenk, wenn sie uns genommen werden. Wenn man erkältet ist, kann es sein, dass der Geruchs- und Geschmackssinn für eine kurze Zeit ausfällt. Meistens reduziert er sich dann auf die Unterscheidung von salzig oder süß. Dies bedeutet eine erhebliche Einschränkung, die die Menschen, die immer darunter leiden müssen, als Qual empfinden können.


Bei unseren Ohren kann eine Erkältung auch dafür sorgen, dass sie „verstopft“ sind. Aber mir geht es heute nicht um geschlossene Ohren, die eine biologische Ursache haben, sondern um das genaue Hinhören, das trotz gesundem Ohr nicht immer leicht ist: Wie oft wollen wir etwas nicht hören, was uns aber direkt gesagt wird? Wie häufig verschließen wir unsere Ohren, um uns abzuschotten?

Und verrückterweise müssen wir manchmal etwas mehrfach hören, bevor wir es verstehen. Richtig verstehen. Denn nicht immer geht das Gesagte sofort in „das richtige Ohr“, weil Nachrichten auf vielen Ebenen verstanden werden können. Schulz von Thun unterscheidet in seinem Kommunikationsmodell vier verschiedene „Ohren“, mit denen eine Nachricht, die an uns gerichtet ist, verstehbar sein kann.

Beispielsweise sagt ein Mann zu seiner Frau: „Am Sonntag ist Frühlingsfest.“ Zuerst ist diese Nachricht als reine Informationsaussage verstehbar. Zweitens beinhaltet dieser Satz aber auch eine Selbstaussage des Senders: Er interessiert sich womöglich für das Fest. Drittens ist es auch eine indirekte Aufforderung vom Mann und er fragt unausgesprochen: Wollen wir dort nicht zusammen hin? Schlussendlich und viertens ist diese Nachricht auf der Beziehungsebene der beiden so zu verstehen, dass der Mann am Sonntag mit seiner Frau einfach etwas unternehmen möchte.

Ich hoffe es ist Ihnen deutlich geworden, wie komplex ein einziger Satz verarbeitet werden kann. Kommunikation und das genaue Hinhören sind Schlüsselkompetenzen, die erlernt und immer wieder neu erweitert werden müssen. Ob im Beruf oder im Privatleben ist eine Nachricht immer wieder fein zu entschlüsseln. Aber auch der Sender muss aufpassen, was er von sich preisgibt oder welche Ohren er „anfunkt“. Viel Spaß beim Entschlüsseln, liebe Leser! Und hören Sie gut zu! (Christina Leinweber) +++

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