"Glaube meine größte Stütze"
Er wird h e u t e 100 Jahre alt: Pfarrer Bruno KANT hält noch Gottesdienste
Alle Fotos: Julius Böhm
26.02.2016 / EICHENZELL -
SCHAUEN SIE UNSER VIDEO! WIR HABEN MIT BRUNO KANT DARÜBER GESPRPOCHEN, WIE ER DIE ENTWICKLUNG DER KRICHE SIEHT UND WAS SEIN 100. GEBURTSTAG FÜR IHN BEDEUTET.
"Das ist der mickrige Teil, den ich noch beitragen kann", sagt Kant ganz bescheiden, dabei blickt er auf ein ereignisreiches und wirkungsvolles Leben - nicht nur in der Kirche - zurück. Am 26. Februar 1916 in Werblin (heute Polen) geboren, zieht die Familie 1922 nach Danzig. Dort wächst Kant auf und schließt 1934 sein Abitur ab. Nach einem halben Jahr militärischem Pflichtdienst in Nazi-Deutschland beginnt er sein Theologiestudium in Braunsberg (Ostpreußen). Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wird er zum Zwangsdienst bei der Reichsbahn versetzt. 1943 muss er als Soldat an die Front auf die russische Halbinsel Krim. "Ich habe den Rückzug von Russland bis nach Tschechien miterlebt - mit dem Kriegsende kam ich dann in russische Gefangenschaft", erzählt er. Insgesamt drei Jahre, davon ein Jahr in der Stahlstadt Donetzk durchlebt er die Hölle auf Erden.
1948 steht er vor der Frage, welchen Lebensweg er einschlagen möchte. "Sollte ich mein Studium fortsetzen oder meinem Beruf bei der Bahn nachgehen?", habe er sich gefragt, "weil Deutschland nach dem Krieg sowohl materiell, als auch moralisch völlig zerstört war, entschied ich mich für die Seelen der Menschen und setzte mein Studium in Fulda dort." Am 23. Juli 1959 wird Bruno Kant im Hohen Dom zu Fulda zum Priester geweiht. Nach zehn Jahren als Kaplan mit den Stationen Blankenau, Schwarzbach und Kassel ist er für 31 Jahre Pfarrer von Marbach. "Das war eine schöne Gemeinde mit einer tollen Gemeinschaft, vielen Angeboten und Interessierten." 1991 findet er in Löschenrod seine neue Heimat. Bis heute lebt Bruno Kant im alten Haus von Pfarrer Sturm.
"Ich habe in meinem Leben alles mitgemacht: Autos, Flugzeuge, Telefon, Handys, Internet, wobei ich mich mit den letzten gar nicht mehr beschäftigt habe. Auch in der Kirche hat sich vieles verändert. Die Entwicklung lief leider enttäuschend - früher waren die Menschen frommer, die Kirche war noch ein wichtiger Teil im Leben", sagt Kant. Er selbst sei in mittelalterlichen Verhältnissen aufgewachsen ohne Licht, fließendem Wasser, Gas oder Strom. "Der Wohlstand hat die Menschen zufrieden gemacht. Sie brauchen leider keine Religion mehr." Die negative Entwicklung hält Pfarrer Bruno Kant aber nicht davon ab, den Glauben vorzuleben. "Ich bin Priester von ganzem Herzen. Ich kann niemanden zwingen. Ich kann auch nur Angebote machen und mit gutem Beispiel voran gehen."
2007 muss Kant ins Krankenhaus, weil er nicht mehr gehen kann. Seither hat er die Verantwortung über die Kirche in Löschenrod abgegeben und ist Pfarrer in Ruhe. "Man hört aber nie auf, Priester zu sein. Für mich ist und war es eine Berufung." Deshalb versucht der 99-Jährige auch noch in der Gemeinde zu helfen, wo er kann. Mit seinen Haushälterinnen bestreitet er den Alltag größtenteils selbstständig und fährt auch noch selbst mit seinem Golf I nach Eichenzell ins Edeka zum Einkaufen. "Nicht alle meine Haushälterinnen haben einen Führerschein, aber wenn ich mich nicht so fühle, bekomme ich auch viel Hilfe aus der Pfarrei." Genauso wie der Glaube gehören zu seinem Leben seine täglichen Spaziergänge. "Immer vormittags und nachmittags für eine halbe Stunde. Die frische Luft und die Bewegung tun mir gut. Vielleicht ein Geheimnis für mein Alter." (Julius Böhm) +++