Integration durch das World Wide Web

Internet in der Flüchtlingsunterkunft - Freifunk bittet Anwohner um Unterstützung

Die Flüchtlingsunterkunft in Eichenzell.
Fotos (3): Julius Böhm

24.02.2016 / EICHENZELL - Internet zählt in Deutschland zur Grundversorgung. Dennoch gebe es in Deutschland im europäischen Vergleich vergleichsweise wenige öffentliche WLAN-Hotspots, findet Sven Reissmann von Freifunk Fulda, einem Verein, der zurzeit ein kostenloses WLAN-Netz in Fulda aufbaut. Das schließt auch die Internetversorgung von Flüchtlingsunterkünften mit ein. Derzeit sucht das Projekt Freifunk Fulda nach Anwohnern in Eichenzell, die dazu bereit sind, ihren Internetanschluss für die Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung zu stellen.

Vorbild "Max Bahr"



In der "Max Bahr"-Unterkunft in Fulda können Flüchtlinge bereits im Internet surfen. Doch verlief die Anbindung der Erstaufnahmeeinrichtung nicht ohne Probleme. „Wir haben beim Versorgungsamt und beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) angefragt. Keiner war so richtig zuständig, aber jeder fand die Idee gut“, erklärt Reissmann. Nachdem der richtige Ansprechpartner beim DRK gefunden wurde, sei alles Weitere, wie der Aufbau einer Richtfunkantenne, schnell und einfach verlaufen. Doch aufgrund der Stimmungsmache gegen Flüchtlinge sei es schwierig Freiwillige zu finden, die sich dazu bereit erklärten, die Asylbewerber mit Internet zu versorgen. Viele haben womöglich Angst vor sozialer Ausgrenzung. Bei der Internetversorgung dieser Einrichtung sei ein Anwohner auf Freifunk zugekommen. Allerdings wolle dieser anonym bleiben. „Das ist natürlich verständlich, aber auch traurig, dass man sich vor Repressalien oder der Reaktion der Nachbarn fürchten muss.“

Schwierigkeiten bei der Internetversorgung

Bei der Versorgung der Erstaufnahmeeinrichtung in Eichenzell stehe Freifunk vor besonderen Herausforderungen. „Die Unterkunft befindet sich im Industriegebiet und ist daher weit ab vom Schuss. Da ist es natürlich schwierig einen Anschluss in der Nähe zu finden.“ Eine Anbindung über das DRK vor Ort sei auch ausgeschlossen, da dieses selbst nur über eine sehr schlechte Internetverbindung verfüge. „Wir hoffen Nachbarn oder auch Firmen dazu zu bringen uns zu unterstützen.“ Es sei zudem ohne Weiteres möglich, eine Entfernung von zwei bis drei Kilometern per Funk zu überbrücken. Die Einrichtung der Access Points in den zwei Gemeinschaftsräumen der Flüchtlingsunterkunft sei dann kein Problem mehr.

Keine rechtlichen Probleme

Für den „Internetspender“ gebe es keine Hürden und Hindernisse. Über die sogenannte Störerhaftung brauche man sich keine Gedanken machen. Reissmann begründet dies mit der Funktionsweise, des an das heimische Modem angeschlossenen Freifunkgeräts. „Das Freifunkgerät baut am Heimnetzwerk vorbei einen Tunnel zu unseren Servern in Frankfurt auf. Jeder, der sich am Freifunkgerät anmeldet, wird durch den Tunnel zu den Servern weitergeleitet. Man kann nicht in das Heimnetzwerk einbrechen und man surft auch mit der IP-Adresse der Frankfurter Server und nicht mit der, des Heimnetzwerks.“ Rechtliche Probleme gebe es durch diese Methode für die Spender nicht, weil nicht zurückzuverfolgen sei, von wo man sich ins Internet einwählt. „Es sieht bei jedem Login so aus, als ob das Internet direkt von Freifunk kommen würde.“ Das bedeutet also im Klartext: Sollte jemand beispielsweise illegale Downloads tätigen, kann der Anschlussinhaber nicht haftbar gemacht werden.

Den Menschen einen Mehrwert bieten

Hat man sich dafür entschieden, seinen Internetanschluss zur Verfügung zu stellen, könne man über die Software der Freifunkgeräte ganz einfach die einstellen, wie viel Bandbreite man zur Nutzung freigeben möchte. Im Falle der Einrichtung "Max Bahr" habe der „Internetspender“ rund 35 Mbit/s zur Verfügung gestellt. Das reiche den Bewohnern, beispielsweise um WhatsApps zu verschicken, Facebook zu nutzen oder E-Mails zu schreiben. „Es gibt immer wieder Spannungen, wenn Menschen zusammengepfercht sind. Internet bietet in dem Zusammenhang einen Mehrwert. Flüchtlinge können mithilfe des Internets die deutsche Sprache lernen, sich über das Land und die Gepflogenheiten informieren und recherchieren, inwieweit bestimmte Ausbildungen anerkannt werden.“
Internet in der Flüchtlingsunterkunft in Eichenzell solle so schnell wie möglich eingerichtet werden. „Aber wenn es eben nicht schnell geht, dann gerne auch langsam.“ Wichtig sei es überhaupt Internet zur Verfügung stellen zu können.

HINTERGRUND: „Freifunk ist ein deutschlandweites Projekt. Die Idee dazu stammt von Berliner Studenten. Heutzutage hat sich Freifunk in allen größeren Städten, wie Darmstadt, Marburg und Fulda durchgesetzt. Es gibt überall verschiedene Communities, die sich miteinander austauschen, aber unabhängig voneinander sind“, erklärt Sven Reissmann. Der Verein finanziere sich ausschließlich durch Spenden. Die Mitarbeiten seien ehrenamtlich tätig. Mehr Informationen und eine Karte der vorhandenen Zugangspunkte erhält man auf der Webseite http://fulda.freifunk.net. (Toni Spangenberg) +++

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