WIELOCHS WIRRE WELT (119)
Fastenzeit: AfD verzichtet auf Schüsse auf Point Alpha - Jugend auf Gemüse
19.02.2016 / REGION -
Ende März ist Ostern. Bis dahin wird in der Region Osthessen die Fastenzeit intensiv gelebt. Politiker, Privatpersonen, Vereine, Parteien und Institutionen üben sich in Verzicht, in Demut, bringen persönliche Opfer und tun Buße. Die AfD beispielsweise verzichtet während der so genannten Quadragesima, der 40-tägigen Bußzeit, auf den Einsatz von Schusswaffen auf Point Alpha an der einstigen innerdeutschen Grenze. „Schüsse auf Flüchtlinge sind nicht der Weisheit letzter Schuss“, erklärt die AfD dazu in einer Mitteilung. Spitzenvertreter der Alternative für Deutschland wollen deshalb die nächsten Wochen einen besinnlichen und familiären Osterputz in Grenzgebieten durchführen. Vorgabe: Müll einsammeln und Tret- bzw. Antipersonenminen anstelle von Eiern und Schokohasen verstecken.
„Konzentration auf das Wesentliche“ heißt das Motto von 187 Kinder- und Jugendgruppen aus dem Vogelsberg sowie den Landkreisen Fulda und Hersfeld-Rotenburg, die in der Fastenzeit komplett auf Obst, Gemüse und Salat verzichten. „Wir wollen den Körper von unnötigen Lebensmitteln entschlacken, an persönliche Grenzen gehen und einfach mal ausprobieren, wie lange man es ohne Chicorée, Broccoli, Blumenkohl, Zucchini, Tomaten und Bohnen aushalten kann“, erläutert der 13-jährige Thomas aus Burghaun das beeindruckende Projekt. „Nur Fleisch, Süßigkeiten und Milchprodukte, dazu weder Zigaretten noch Alkohol, das wird bestimmt eine schmerzhafte Erfahrung“, pflichtet ihm sein elfjähriger Kumpel Oliver bei, der als Messdiener „gerade in der Fastenzeit eine Vorbildfunktion erfüllen will“.
Das Mangold-Süppchen mittags zum Dessert oder das obligatorische Äpfelchen in der Werbepause am Abend wollen sich die Jungs konsequent verkneifen. Beide möchten damit ein deutliches Zeichen gegen eine gefährliche Entwicklung setzen: „Ein Wirsing hier, eine Aubergine da – der Mensch verlernt immer mehr, sich ohne Ablenkung und Verführung auf einen Spielfilm oder eine Serie im Fernsehen zu konzentrieren. Damit ist jetzt erst mal Schluss.“
Verzichten werden auch Politiker der Region während der Fastenzeit – und zwar auf Floskeln und Phrasen. Seit Aschermittwoch hat die Redaktion von OSTHESSEN|NEWS keine Pressemitteilung mehr mit politischem Inhalt erreicht. CDU-Bundestagsabgeordneter Michael Brand, der in Verbindung mit der mutigen und aussagekräftigen Plattitüde „dicke Bretter bohren“ in der Internet-Suchmaschine Google auf mehr Einträge als „Frau Antje“ und „Käse aus Holland“ kommt, will sich bis Ostern nicht nur mit Worthülsen zurückhalten, sondern die ersten beiden März-Wochen auch körperlich Buße tun. Dann wird der Politiker im Fuldaer OBI-Baumarkt in den Kaiserwiesen Kunden als Fachberater in der Werkzeug- und Holzabteilung zur Verfügung stehen. Brand freut sich bereits auf seine vorübergehende Tätigkeit und ist sich sicher: „Wo gehobelt wird, da fallen Späne.“ +++(Jochen Wieloch)