WIELOCHS WIRRE WELT (118)

„3 junge Fuldaer Tenöre“ entzücken Damenwelt – Valentinstag wird zum Problem



12.02.2016 / REGION - Für Osthessens Männer hätte am kommenden Valentinstag alles so einfach sein können: Zum Frühstück dem ungeschminkten Cellulite-Bärchen ein Kaffee ans Bett (der muss nur noch gemahlen werden), ein liebevoller Glückwunsch zum Namenstag („Süßer, kleiner Schnuckelputzel, alles Gute, heut’ ist Hutzel“), und dann hätte auch schon die Vorbereitung auf die nachmittäglichen Bundesligaspiele beginnen können. Doch unsere lieben Herren Politiker haben dafür gesorgt, dass dieses Minimal-Programm am Valentinstag wohl nicht ausreichen wird, um Pluspunkte bei der Dame des Hauses zu sammeln.



Denn seit Rosenmontag ist alles anders. Die Geburtsstunde der „3 jungen Fuldaer Tenöre“ Heiko, Dag und Daniel hat uns Kerlen eingebrockt, dass auf weiblichen Nacht-, Küchen- und Schreibtischen in der Region plötzlich die Konterfeis des singenden Magistrats-Trios stehen, die in Schnittlauch-grünen Anzügen so leicht wie ein Eisberg-Diät-Salat über das Tanzparkett schweben. Jetzt gelten andere Maßstäbe. „Hast du Heikos heldenhaften Hüftschwung gesehen“, müssen wir Männer uns nun mehrmals täglich anhören, während wir mit Bandscheibenvorfall und Arthrose im Knie die Getränkekisten in den Keller wuchten. „Der Dag mit Schlagstock und der Daniel mit Kelle, bitte verhaftet mich“, stöhnt das Kaktusblümchen und rennt minütlich zur Kontrolle in den Garten, ob der Sonnenschirm auf jeden Fall nach 23 Uhr noch geöffnet ist.“ Voller Komplexe schiebt man da die neuen Handschellen im Schlafzimmer wieder unters Kopfkissen.

Die Bürgersprechstunde der Stadt Fulda gleicht mittlerweile einem Take-That-Konzert: Tausende kreischende Frauen stehen vor dem Stadtschloss mit Teddys und Autogramm-Blöcken bewaffnet, um den jungen Tenören für einen Augenblick ganz nah zu sein. Ein blödes Gefühl, im schlabberigen Trigema-Trainingsanzug zu Hause mit einem Fastenbier vom Kloster Andechs allein gelassen zu werden.


Schöne Bescherung! Das singende Trio muss schleunigst wieder aus den Köpfen unserer Angebeteten. Den Magistrat abwählen oder nach Wiesbaden wegzuloben, dauert zu lange. Für den Valentinstag heißt deshalb die Parole: angreifen! Ab Samstagnachmittag gilt es, den geschundenen Körper mit Schmerzmitteln, Koffein und anderen Aufputschmitteln vollzustopfen, um den Sonntag irgendwie zu überleben. Punkt 5.30 Uhr wird die Herzdame mit Rosen und üppigem Frühstück geweckt – und dann geht es zum Tangokurs im Morgentau auf der Wasserkuppe. „Spürst du auch diese wunderbare Kraft der Natur. Ein Geheimtipp der ,3 jungen Tenöre’“, heucheln Sie Ihrem triefenden Wolkenengel vor, wenn dieser bei Orkanböen, 2 Grad über Null und Starkregen anfängt rumzuzicken. „Zzzzzzzzzzzzzzzz“, atmen Sie theatralisch bei jedem Tanzschritt tief ein und minutenlang wieder aus. „So macht’s der Heiko“, lügen Sie Ihre bessere Hälfte an.

„Ich will mehr als nur dein Traumtänzer sein“, säuseln Sie Ihrer Zuckerschnute ins Ohr. Das funktioniert natürlich nur durch intensives Training. Weiter geht’s! 11.00 Uhr: Johann-Adam-Förster-Schule Hünfeld. 12.00 Uhr: Georg-Stieler-Haus Fulda. 13.00 Uhr: Gemeindezentrum Künzell. 14.00 Uhr: Von-Steinrück-Haus Poppenhausen. 15.00 Uhr: Hrabanus-Schule Rasdorf. 16.00 Uhr: Eberhardschule Tann. Ihr Sahnehäubchen ist mittlerweile völlig entkräftet, erschöpft und dehydriert. „Mittagessen fällt aus. Glaubst du, dass der Dag bei seinem Körper mittags was Warmes zu sich nimmt?“, tadeln Sie Ihr Marmeladenherz, das heimlich in eine Bio-Banane beißen will. „Um 17.30 Uhr spielen die Bayern, guck ruhig“, versucht die Ihnen völlig verzweifelt eine Brücke zu bauen. Auch wenn es schwerfällt: Schlucken Sie die saure Gurke, Sie werden jahrelang davon zehren: „Fußball bedeutet mir nichts, Principessa. Um 17 Uhr lernen wir im Bürgerhaus Mittelkalbach doch den Rhöner Foxtrott, eine Spezialität der ,3 jungen Tenöre’“.

Der Zufall will es, dass Fuldas Oberbürgermeister, Bürgermeister und Stadtbaurat zeitgleich im Bürgerhaus Mittelkalbach den Kommunalwahlkampf eröffnen. Ohne Schnittlauch-grüne Anzüge, ohne Gesang, ohne Tanz, ohne Schlagstock und ohne Kelle. Stattdessen referieren sie in 90-minütigen Vorträgen über den kommunalen Abwasserzweckverband und Chancen der interkommunalen Zusammenarbeit. „In ihrer Freizeit arbeiten die drei als Wanderprediger, um sich ein bisschen was dazu zu verdienen. Nur von Musik zu leben ist hart“, erklären Sie Ihrem desillusionierten und inzwischen komplett ausgelaugten Chaosmäuschen. Das bekommt ganz traurige Augen: „Die können gar nicht tanzen?“ Sie sind fast am Ziel: „Nein, nur reden!“, grinsen Sie hinterlistig. Aus heiterem Himmel ist Ihr erschlafftes Püppchen wieder putzmunter: „Das sind Männer, die gerne reden? So eine Seltenheit. Wunderbar! Ich bin morgen in der Bürgersprechstunde. Und Fußball ist heute gestrichen. Auch wir müssen reden, Hase!“ (Jochen Wieloch)



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