Zoff, Turbulenzen und Ideen
Verein "Bündnis Fulda stellt sich quer" fordert Verbot der Bürgerwehr
Fotos: Hans-Hubertus Braune
14.01.2016 / FULDA -
"Die Gefahr wirkt in der Mitte und kommt von rechts" und "wir müssen einen ganz, ganz langen Atem beweisen" - das sind zwei Kernaussagen von Besuchern der offenen Mitgliederversammlung des Vereins "Bündnis Fulda stellt sich quer - Kein Platz für Rassismus und Fremdenhass" (FSSQ) am Mittwochabend im Bonifatiushaus. Die Nation ist gespalten. Terror in aller Welt, Übergriffe auf Frauen in Deutschland, Unruhe in und vor Flüchtlingsunterkünften auch in Osthessen. Viele Menschen haben Angst und sind beunruhigt. Dazu gesellt sich eine große Unsicherheit. Wie soll man sich verhalten, was ist richtig, was ist falsch? Diese Unsicherheit spiegelt sich in zunehmenden aggressiveren Wortgefechten und Kommentaren auch der Politik wider.
Selbst bei gut gemeinten Aktionszusammenschlüssen von Menschen, die den Flüchtlingen helfen wollen, die sich gegen Rassissmus und Fremdenfeindlichkeit einsetzen, ist von Einigkeit wenig zu spüren. Dies machte die offene Mitgliederversammlung deutlich. Rund 50 Interessierte - darunter rund 15 Mitglieder, deren Zahl nach der Veranstaltung laut Vereinsvorstandsmitglied Martin Uebelacker auf rund 25 anstieg - kamen in den Konferenzraum des Bonifatiushauses. Noch bevor Vereinssprecher Andreas Goerke einen Rückblick auf die Aktionen des Bündnisses im vergangenen Jahr gab (damals noch nicht als Verein, dieser wurde Ende November 2015 gegründet), machte er von seinem Hausrecht Gebrauch und verwies einen Mann des Saales, den Goerke als AfD-Mitglied ausmachte, welcher für die AfD im Kreistag kandidiere und Flugblätter auf dem Bahnhofsvorplatz verteilt habe. Der Mann erklärte, dass er CWE-Mitglied sei und verließ den Raum nach einem verbalen Schlagabtausch.
Zudem sei die Polizei auf Facebook aktiv und beobachte die Entwicklungen sehr genau. Allerdings präsentiere sich die osthessische Polizei nicht auf Facebbok. Ein Twitteraccount sei dagegen in Planung. Man müsse immer auch sehen, was sinnvoll sei und was nicht. Die Polizei habe ausreichend Möglichkeiten, Hinweise und Mitteilungen etwa in den verschiedenen Medien oder auch den Internetseiten der Polizei zu veröffentlichen. Als konkrete Vorschläge aus der Versammlung kamen, etwa den Polizeipräsidenten einzuladen und zu fragen, was dieser tue. Auch sollten im Hinblick auf die Kommunalwahl Kommunalpolitiker eingeladen werden. Der Verein fordert das Verbot der Bürgerwehr. Zudem solle Fuldas Bürgermeister und Ordnungsdezernenten Dag Wehner um seine Stellungnahme befragt werden.
"Wir dürfen uns nicht mit einer Bürgerwehr verzetteln, sondern müssen auf die gesamte Situation schauen", sagte dagegen ein Gast der Versammlung. "Wir müssen selbst handeln, viele Menschen auch in Fulda wollen kein Gesicht zeigen, zu wenige sagen offen ihre Meinung", so ein weiterer Besucher. Eine Studentin schlug konkret vor, die Flüchtlinge zu informieren, wie die politische Lage ist, was um sie herum geschieht.". Dieser Vorschlag wurde vom FSSQ-Vorstand positiv aufgenommen.
Als konkrete Veranstaltungen nannte Goerke zum Abschluss der über zweistündigen Versammlung: Der Undercover-Film "Blut muß fließen" solle gezeigt werden, dazu käme der Filmemacher nach Fulda (voraussichtlich im Mai, Bildungseinrichtungen könnten sich bei Interesse an Projekten melden). Am 12. Februar 2016 ist Sandro Witt vom DGB Thüringen zum Thema AfD eingeladen. Die Initiatorin der "Gelben Hand" kommt am 4. April 2016. Noch nicht konkret terminiert ist eine Diskussionsrunde zum Thema NSU. Wie genau die konkrete Hilfe für die Flüchtlinge aussehen soll, wie die Spaltung der Menschen in den Fragen der Flüchtlingspolitik und der Unsicherheiten in Zeiten von Terror und Angst begegnet werden kann - dazu gab es am Mittwochabend leider wenig Neues. (Hans-Hubertus Braune) +++