"Multi-Tasking gibt es nicht"
Jahresauftakt der Sparkasse - "Wie digitale Kommunikation unser Leben verändert"
Fotos: Martin Engel
13.01.2016 / FULDA -
Das Theater ist ein Ort der Unterhaltung, der Erfahrungen und der kritischen Reflexion. Bilanzen und Verhandlungen sollten es hier im Idealfall gerade mal in die Verwaltungsebene schaffen, abseits der Bretter, die die Welt bedeuten. Der Jahresauftakt einer Bank in diesen Räumen? Undenkbar. Es sei denn, das Programm ist wie das der Sparkasse Fulda, die am Dienstagabend im Schlosstheater gemeinsam mit Kunden und Gästen aus Politik, Kirche, Wissenschaft und Wirtschaft ins Jahr 2016 startete.
"Das Sparkassen-Jahr beginnt traditionell mit guter Musik statt Raketen und Böllern", mit diesen Worten eröffnete Alois Früchtl, Vorsitzender der Vorstandes der Sparkasse Fulda, den Abend. Gemeint war in diesem Falle das A-Capella-Ensemble HörBänd aus Hannover. Die fünf Musiker begleiteten mit mitreißender Performance, spannenden Arrangements und stimmiger Liederauswahl das Abendprogramm.
Spannender Festvortrag
Ein Umstand, auf den Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Lehrstuhl für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen) in seinem Festvortrag zur neuen Medienmacht und der Fragestellung wie digitale Kommunikation unser Leben verändert, näher eingehen sollte.
Ein unterhaltsames Gimmick und zugleich eine starke Metapher für den Bezug des überwiegenden Teils unserer Gesellschaft zu den Medien stellte die kleine Plastik-Kugel da. In ihr wohnt ein digitales Küken, das stets um die Aufmerksamkeit des Tamagotchi-Besitzers buhlt, per Knopfdruck gefüttert wird und bei nachlassender Aufmerksamkeit stirbt. Der Geist dessen, was 1997 ein großer Trend war und 80 Millionen mal verkauft wurde, lebt heute wieder, gar weiter. "Draußen in der Welt leben tausende virtuelle Küken, die unsere Aufmerksamkeit wollen", so Pörksen. Eine gefährliche Aufmerksamkeitsbindung gehe heute statt vom Tamagotchi von Smartphone, Ipad und Co. aus. Diese Technikbindung könne zuweilen sehr stressig werden.
Gleichermaßen stellen sie aber auch eine schier unglaubliche Suchtgefahr vor den Menschen dar. "Multi-Tasking" - ein Begriff, der ins digitale Zeitalter gehört und von jedermann erwartet und vermeintlich ausgeübt wird. Tatsächlich, so Pörksen, sei unser Gehirn aber gar nicht in der Lage, hereinströmende Reize parallel zu verarbeiten. Es setzt sie sequenziell hintereinander um. Was wir tatsächlich betreiben sei Task-Switching. Schalten wir von einem Arbeitsprozess um und surfen beispielsweise zwischendrin im Internet, so benötige das Gehirn eine sogenannte "Wiederaufnahmeverzögerungszeit" um von der Online-Aktivität wieder zum vorherigen Fokus und der nötigen Konzentration zu wechseln. So unterbreche jeder Blick auf das Smartphone, jeder Login bei Facebook den Arbeitsablauf weitaus mehr, als erwartet.
Während früher vor allem Berühmtheiten im öffentlichen Fokus standen und bei Verfehlungen schnell ins Zentrum der Empörung geraten konnten, könne heute jeder zum Opfer werden. Eine falsche Entscheidung, gefilmt und gepostet, kann rasant um die ganze Welt gehen. Und mit den neuen Enthüllungen und Opfern kommen auch die neuen Enthüllenden. Der Empörungsprozess gehe schon lange nicht mehr nur von den Journalisten aus.