"Mehr Freiheit wagen"

Thema Gewalt an Pflegebedürftigen - für die Würde der Betroffenen

Staatssekretär im hessischen Justizministerium Thomas Metz spricht über die Perspektiven freiheitsentziehender Maßnahmen.
Fotos: Helena Lemp

09.12.2015 / FULDA - Es scheint ein unumgängliches Thema: Menschen werden älter, sind aufgrund eines Unfalls oder anderen Faktoren plötzlich auf die Hilfe Dritter angewiesen. Wie gehen Betroffene und Angehörige damit um, wenn die Eigenständigkeit aufgegeben werden muss? Was wurde in den letzten Jahren an Sensibilisierung in der Gesellschaft erreicht? Mit diesen und weiteren zentralen Fragen beschäftigte sich am Mittwoch die interdisziplinäre Fachtagung "Mehr Freiheit wagen! Zukunftsperspektiven - Die Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen" im Bonifatiushaus in Fulda. Dabei gehe es laut Axel Bauer, Richter am Betreuungsgericht Frankfurt am Main, um ein Spannungsverhältnis zwischen der Sicherung der Patienten und zu Pflegenden und ihrer Freiheitsrechte. Es müsse jeder Fall einzeln betrachtet und daraufhin entschieden werden, was jeweils Vorrang hat.



"Meiner persönlichen Wahrnehmung nach ist es wichtig, im privaten Rahmen über dieses Thema zu sprechen. Gleichzeitig bedarf es auch einer gesellschaftspolitischen Diskussion", ergänzte Thomas Metz, Staatssekretär im hessischen Justizministerium. Deshalb diene die Fachtagung dazu, Informationen zu geben, einen Austausch zu ermöglichen und Haltungen zu verändern - mit Blick auf den gesetzlichen Rahmen der Pflege und Betreuung. Die verschiedenen Berufsgruppen sollten ihr Handeln stets reflektieren und die Würde gegenüber Hilfsbedürftigen genauso wahren wie sich selbst gegenüber.

Zwar gebe es genehmigte freiheitsentziehende Maßnahmen, diese dürften jedoch nur nach schriftlicher Zustimmung des einwilligungsfähigen Betroffenen oder eines Betreuungsgerichts durchgeführt werden. Trotzdem sollten freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) größtenteils vermieden und durch Perspektiven ersetzt werden. Unter FEM sind mechanische Fixierungen, wie das Anlegen von Gurten oder Körperfesseln, das Einsperren von Personen sowie das Einflößen von Schlafmittel oder Psychopharmaka und die Wegnahme von Hilfsmitteln zu verstehen. "Es wurde ein Betreuungsrecht eingeführt, was ich für eine gute Entwicklung halte, dennoch geht die Perspektive gelegentlich verloren", so Metz. Aus diesem Grund sollten solche Veranstaltungen Impulse geben. Der Staatssekretär verwies dazu vor allem auf den sogenannten "Werdenfelser Weg", der sich an individuellen Bedürfnissen der Beteiligten orientiere. Zwar solle man weiterhin den pflegebedürftigen Menschen gerecht werden, aber auch die Pflegekräfte absichern, indem entsprechend geschulte VerfahrenspflegerInnen eingesetzt werden, um Genehmigungsverfahren zu vermeiden. (Helena Lemp) +++

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