"Eine lebendige Legende"

Emil MANGELSDORFF mit Ehrenprofessur geehrt


Fotos: Miriam Rommel

07.12.2015 / SCHLITZ - „Nur dreizehn Menschen in Hessen tragen den Titel Ehrenprofessor. Emil Mangelsdorff ist ab heute einer von ihnen“, sagte Staatsminister Boris Rhein am Samstag in der Landesmusikakademie Hessen Schloss Hallenburg in Schlitz zur feierlichen Verleihung der Ehrenprofessur an Emil Mangelsdorff. Mangelsdorff, der in diesem Jahr 90 Jahre alt wurde, gilt mit seinem kräftigen Alto-Ton und fein ziselierten Linien zu den profiliertesten, vielseitigsten Solisten des deutschen Jazz.



Wie ein echter Professor würde Mangelsdorff sein Wissen und Können an junge Menschen weitergeben, so Rhein. „Von Fans werden Sie als lebende Legende bezeichnet. Dass sie leben, kann jeder sehen. Was Sie allerdings wirklich sind, ist eine lebendige Legende.“ Der Jazzmusiker, welcher noch immer seine Leidenschaft für die Musik lebt, sei ein Vorbild für alle Musikliebhaber. „In Schlitz fühlen sich alle Musiker, egal ob Profi oder Amateur wohl, namhafte Künstler üben in der Landesmusikakademie zusammen mit Laien.“ Dies, so Rhein, würde den Ort mit Mangelsdorff verbinden. „Es könnte kaum einen geeigneteren Ort als diesen geben, um Sie heute zu ehren.“

Mangelsdorff spielte zunächst Akkordeon. Als Mitglied der illegal auftretenden Frankfurter Hotclub Combo wechselte er zur Klarinette, die er von 1942 bis 1943 am Dr. Hoch’s Konservatorium in Frankfurt studierte. Aufgrund seines Eintretens für den Jazz wurde er mehrfach von der Gestapo schikaniert und Anfang 1943 verhaftet und für 14 Tage interniert. Nach Wehrmacht und Kriegsgefangenschaft schloss sich Mangelsdorff 1949 der Frankfurter Jazzszene an und spielte mit vielen unterschiedlichen Gruppierungen (zunächst bei Joe Klimm, dann bei Jutta Hipp, den Two Beat Stompers und den Frankfurt All Stars, später in eigenen Gruppen, aber auch bei Wolfgang Lauth). 1966 gründete er die Swinging Oil Drops mit Joki Freund, Volker Kriegel, Fritz Hartschuh und Günter Lenz.

Nach dem Tod seiner Frau, der Sopranistin Simone Mangelsdorff, zog er sich mehrere Jahre von der Szene zurück, um 1974 mit einem neuen Quartett zurückzukehren. Bert Noglik zufolge entsteht im Zusammenspiel mit seinem Quartett „eine enorme Leichtigkeit, fast so etwas wie Unbeschwertheit, ohne dabei auf die Tiefe des musikalischen Gefühls und Gedankens zu verzichten“ (Quelle: Wikipedia).

Die Laudatio hielt Dr. Wolfram Knauer vom Jazzinstitut Darmstadt. „Emil hat noch nicht aufgehört, für seine Leidenschaft zu brennen.“ Jazz bedeute, so Knauer, den Klang von Überraschungen zu erleben. „Jazz bedeutet auch Freiheit. Emil ist ein Mensch, der sich den Schneit nicht abkaufen lässt, ein heller Geist, der sich bis heute mit aktuellen Themen befasst.“ Als Musiker hätte Mangelsdorff Frankfurt am Main als Jazzmetropole europaweit bekannt gemacht. „Er ist die Galionsfigur des deutschen Jazz und ermutigt junge Musiker, eigene Wege zu gehen.“ Mangelsdorff selbst, der überraschend ans Rednerpult trat, bedankte sich für die Verleihung der Ehrenprofessur.

Die Gründe, warum er sich als junger Mann für den Jazz begeisterte, erläuterte er kurz: „Die Nazis hassten Jazz durch seinen Individualismus. Musiker konnten sich selbst durch die Stücke dargestellten, das war ihnen zuwider.“ Er selbst hätte zur damaligen Zeit im Radio amerikanischen Jazz gehört. „Da lief ein Stück von Louis Armstrong. Zwar war mir gleich klar, dass der Mann nicht singen kann, aber das Lied und dessen Botschaft hat mich von der ersten Sekunde an gepackt.“ Im Anschluss an die Festlichkeit wurde ein Saal der Landesmusikakademie in Emil-Mangelsdorff-Saal umbenannt. (Miriam Rommel) +++

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