WIELOCHS WIRRE WELT (108)
Leere Hotels, aber Flüchtlinge im Baumarkt: Jetzt denkt Fulda endlich um
04.12.2015 / REGION -
Keine Frage, Fremde sind in Fulda alles andere als willkommen: 800 Flüchtlinge hausen momentan in der Barockstadt in einem ehemaligen Baumarkt, obwohl 57 Prozent der Hotelbetten hier im Jahresdurchschnitt leer stehen. Ja geht’s denn noch? Nächstes Beispiel für ungelebte Nächstenliebe: Touristen leiden in Fulda unter großem Hunger. Denn, so hat der hiesige Hotel- und Gastronomenverband diese Woche bemängelt, es gibt viel zu wenig Gastronomie in der Innenstadt. So streifen die Touristen verzweifelt mit knurrenden Mägen durch die Straßen, klingeln und betteln an wildfremden Haustüren, durchwühlen Mülltonnen auf der Suche nach etwas Essbarem und pfeifen völlig dehydriert und entkräftet auf eine Übernachtung in einem der zahlreichen Hotels. Ein leerer Magen schläft halt nicht gern.
Stadt und Landkreis haben einen Teil des Dilemmas erkannt und wollen Fuldas Image aufpolieren. In den nächsten Tagen ziehen die Flüchtlinge in die leeren Hotels. Im Gegenzug saniert eine kompetente Flüchtlings-Delegation die marode Milseburghütte. Deren Pächter richten wiederum im frei gewordenen Fuldaer Baumarkt eine Kantine mit ausländischen Spezialitäten für Flüchtlinge ein. Schließlich hatten diese zuletzt, wie man zu hören bekommt, wenig Lust auf Kaiserschmarrn und Sauerkraut. Zum Zankapfel gerät jedoch die Belebung der innerstädtischen Gastronomie.
Ursprünglich sollte im Stadtkern bereits Ende Mai „Kurt’s Kurrywurst-Kiosk“ auf neun Quadratmetern eröffnen. Die Verträge waren unterzeichnet. Doch dann legten Petersberg, Künzell, Eichenzell, Poppenhausen, Dipperz, Neuhof, Flieden, Hünfeld, Burghaun, Rasdorf, Bad Salzschlirf, Bad Hersfeld, Schlüchtern, Schweinfurt und Hanau einen 334-seitigen Einspruch beim Regierungspräsidium Kassel ein. Kernaussage des Pamphlets: „Wir befürchten durch die völlig überdimensionierte Imbissbude im Herzen Fuldas negative Auswirkungen auf die Gastronomie in den Randgemeinden. Außerdem kritisieren wir, dass Kurt’s Kurrywurst-Kiosk als Vollsortimenter mit Pommes, Gulasch und Chicken McNuggets gegenüber den peripheren Büdchen einen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil genießen könnte.“
Während sich die Fleischer-Innung Fulda hinter die Pläne der Barockstadt stellt, sympathisiert der Bundesverband der Vegetarier Vacha e.V. mit den klagenden Gemeinden. Ein Gutachten der Regionalversammlung unter dem Titel „Fuldas Innenstadt isst uns Wurscht“ soll bis Februar 2018 Klarheit bringen. Schon jetzt sickerte durch: Grünes Licht kriegt Kurt nur unter kleineren Auflagen. Dazu müsste er die Imbiss-Grundfläche auf zwei Quadratmeter verkleinern, nur eine Wurstsorte ohne Stabilisatoren und Antioxidationsmittel, keine Soßen und Getränke, Brötchen aus einhundertprozentigem biologischen Anbau, Holzspieße aus Rhöner Buche, Pappteller aus gepresstem Kuhdung, sechs räumlich getrennte Toilettenanlagen für Männer und Frauen, einen Waschraum, Erlebnisduschen sowie eine Möglichkeit zum Wickeln von Kleinkindern anbieten.