"Nicht helfen ist der falsche Weg"

Auto mit Verletztem im Graben - "egal, schnell weiter" - Test in Keulos

Nach dem Zivilcourage-Test wurde das Auto angezündet - eine realistische Übung für die Feuerwehr
Fotos: Hans-Hubertus Braune

26.11.2015 / KÜNZELL - Im Straßengraben liegt ein Auto auf dem Dach, niemand ist zu sehen. So am Donnerstagabend gegen 18 Uhr am Ortseingang von Keulos im Landkreis Fulda. Offenbar ein Unfall. Doch sage und schreibe 14 Autofahrer interessiert das nicht wirklich - sie fahren einfach daran vorbei. Erst ein Rollerfahrer und ein Auto bleiben stehen, laufen hin, unterhalten sich. "Was ist passiert? Ist da noch jemand im Auto?" - Ja, da liegt einer drin. Schnell setzen sie den Notruf ab.

Sekunden später kommen mehrere Personen auf die Beiden zu: Zum Glück ist es kein echter Unfall. Die Führungskräfte der örtlichen Feuerwehr haben diesen Unfall fingiert, um zu testen, wie es mit der Hilfsbereitschaft der Verkehrsteilnehmer aussieht. Das Ergebnis ist erschreckend."Man kann nicht falsch helfen. Die Bereitschaft ist nicht so, wie ich es mir erhofft habe", sagt Christian Erwin vom Deutschen Roten Kreuz Ortsverband Fulda. Auch er beobachtet die Szenerie.

Das "nicht helfen", sei der falsche Weg. Viele hätten einfach Angst, etwas falsch zu machen. Aber zumindest den Notruf unter der 112 absetzen, um damit die professionelle Hilfe zu aktivieren, muss einfach möglich sein. Der Besuch eines Erste Hilfe-Kurses sei wichtig. Nicht nur der Pflichtbesuch beim Führerschein sondern auch zur Auffrischung. Die Kurse seien mittlerweile viel realistischer gestaltet, wirbt Erwin. Manfred Schromann aus Künzell gehörte zu den Ersthelfern. "Für mich ist das selbstverständlich. Ich schaue immer aufmerksam, melde selbst der Polizei wenn ich auf der Straße Steine sehe", sagt Schromann.

ERSTE HILFE - aber wie. Die Hilfs- und Rettungsorganisationen geben gerne Hinweise, wie man sich im Notfall verhalten soll. Stellvertretend an dieser Stelle der Linkhinweis zur Notfallseite des DRK: ERSTE HILFE hier klicken .


"Von cirka 20 Fahrzeugen hat das 15. Auto angehalten. Eine Frau hat sich etwas später telefonisch bei der Leitstelle gemeldet", schildert Sonja Jahn von der Feuerwehr Keulos. Die Einsatzkräfte aus dem 460 Einwohner zählenden Ortsteil von Künzell wollten wiederum die Zivilcourage der Bevölkerung testen. Vor einem Jahr wurde ein Gebäudebrand simuliert. Auch damals schon sah es mit der Hilfsbereitschaft enttäuschend aus. Diese Tests sollen aber auch wachrütteln, um die Verkehrsteilnehmer und Passanten zu sensibilisieren. Schließlich kann jeder selbst in eine gefährliche Situation kommen und ist froh, wenn schnell geholfen wird.

Im zweiten Teil des fingierten Einsatzes wurde das Auto im Straßengraben angezündet und stand wenige Augenblicke später in Vollbrand. Die örtliche Feuerwehr wurde alarmiert, rückte innerhalb von sieben Minuten an und hatte den Fahrzeugbrand schnell unter Kontrolle. "Mit dieser realistischen Übung wollten wir die Alarmbereitschaft testen. Für die Kameraden ist es natürlich besser, wenn sie möglichst realistisch üben können", sagte Jahn. 15 Kameradinnen und Kameraden waren schnell vor Ort. Eine stolze Anzahl für einen kleinen Ort mit 460 Einwohnern. Keulos kann sich auf seine Feuerwehr verlassen. (Hans-Hubertus Braune) +++

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