Eintracht-Präsident FISCHER

"Solange es mich gibt, wird uns kein Investor kaufen - bleiben ein Wir-Club"


Fotos: Martin Engel

17.09.2015 / FUSSBALL - Man muss nicht Eintracht Frankfurt-Fan sein, ehrlich gesagt muss man sich nicht einmal für Fußball interessieren, um Peter Fischer für einen sympathischen und vor allem ehrlichen Kerl zu halten. Der Präsident von Eintracht Frankfurt war am Mittwochabend im Fanshop der WEMAG in Fulda zu Gast. Vor versammelten Mitgliedern des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft (BVMW) nahm er kein Blatt vor der Mund, erzählte aus seiner Kindheit und berichtete, unter welch mysteriösen Umständen er 2000 zum Präsidenten der "launischen Diva" wurde.

"Ganz ehrlich? Ich wurde betäubt und entführt", schmunzelte der 61-Jährige in die Runde. Damals, 2000, war Eintracht Frankfurt ein "zerrissener Club" mit nur vier Mitarbeitern in der Verwaltung und 5.000 Mitgliedern. "Nichts funktionierte in der Zentrale, es gab nicht einmal eine Heizung", erzählt er. Fischer wurde um Hilfe gebeten, einen geeigneten Präsidenten zu suchen. "Bei einer späteren Vorstandssitzung haben diese Lügner mir dann gesagt, sie hätten den perfekten Präsidenten gefunden - mich. Als meine damaligen Frau mir davon abriet, habe ich es natürlich gemacht", lacht Fischer.

Er ist authentisch, gestikuliert wild, sorgt für einige Lacher im Publikum und ist sich auch nicht zu schade, den Begriff "Scheiße" gefühlte 100 Mal zu verwenden. "Ich werde nie 'everybodys Darling' sein. Ich bin so, wie mir mein Kopf steht und das möchte ich auch nach außen zeigen." Mittlerweile hat die Eintracht über 40 Mitarbeiter in der Verwaltung, knapp 800 insgesamt und rund 9.000 Sportler in allen Abteilungen des Vereins - hinzu kommen 30.000 Mitglieder, Tendenz steigend.

Fischer, der seine Eltern früh verlor und mit 13 Jahren aus dem Heim im Schwabenland nach Frankfurt floh, begann eine Lehre bei Kaufhof und etablierte sich schnell als guter Verkäufer. Später sollte er eine erfolgreiche Marketing-Firma leiten, die für große Unternehmen wie Adidas und BMW arbeitete. Mit ihm als Präsident wurde auch aus Eintracht Frankfurt ein erfolgreicher aber bodenständiger Club. "Über 70 Prozent der Fußball AG gehören dem Verein und solange es mich gibt, wird das auch so bleiben", versprach er den zahlreichen Eintracht-Fans im Publikum. "Wir sind und bleiben ein echter Verein, kein amerikanischer Investor wird uns kaufen und wenn so ein Ölauge kommt, werden wir es auch in den Arsch treten und wegschicken. Wir haben keinen Cent Schulden. Alles gehört uns, aber Meisterschaften gibt es auch keine - auch in den nächsten zwei Jahren nicht."

Mit skeptischer Miene schaut er auf den englischen Fußball: "Für jeden, der geradeso 100 Meter geradeaus laufen kann, bezahlen die 20 Millionen Euro - man könnte meinen, die haben ein Loch im Kopf. Wir müssen aufpassen, dass unser Fußball nicht kaputt gemacht wird." Er hat Angst um die Früchte des verstorbenen DFB-Präsidenten Mayer-Vorfelder: "Er rief die Leistungszentren ins Leben, deren erste Generation letzten Jahr Weltmeister wurde. Schweinsteiger, Lahm, Khedira - sie wurden alle in DFB-Leistungszentren ausgebildet. Bei der Eintracht stehen gleich fünf Spieler daraus in der Startelf. Die nachkommende Generation bleibt uns hoffentlich treu und schaut nicht nur auf das Geld."

Es gäbe da Leipzig und Wolfsburg und andere "Nicht-Vereine", wie Fischer sie nennt. "Die fahren mit dem großen Koffer umher und kaufen ein. Wir in Frankfurt wollen Verein bleiben und mit den finanziellen Möglichkeiten eines echten Fußballclubs wirtschaften. Wenn wir damit kein Meister werden, ist das nicht schlimm, aber ich glaube, wir werden auch in den kommenden Jahren mit der Eintracht Spaß haben." (Julius Böhm) 

Spannende Zitate von Peter Fischer, die nicht im Text stehen:

"Meine Assistentin, sie ist wirklich reizend. Wir haben alles zusammen - außer Sex."

"Ein Meilenstein aus meinem Leben? Da kann ich nichts zu sagen, wir haben leider noch nicht nach 23 Uhr."

"Ich konnte mit diesem scheiß Schwäbisch nie etwas anfangen."

"Seit ich Präsident bin, ist mit Geld verdienen nichts mehr - die haben mich alle belogen."

"Solange es mich gibt, bleibt Eintracht Frankfurt ein 'Wir-Club'." +++

X