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Die Crowd – Der wachsende Einfluss der virtuellen Gesellschaft
08.09.2015 / REGION -
Die Crowd – Der wachsende Einfluss der virtuellen Gesellschaft
Heutzutage spielen die sozialen Netzwerke eine immer größere Rolle in der globalen Gesellschaft. Das impliziert die Verbindung zwischen einer Vielzahl von Menschen. Doch wie sind diese Verknüpfungen genau zu definieren? Netzwerke bestehen, so die Definition der Universität Oldenburg, aus einer in sich geschlossenen Menge von Personen, welche in einer bestimmten sozialen Beziehung zueinander stehen. Während sich diese inzwischen zu einem großen Teil über das Internet identifizieren, gab es auch in der früheren Zeit ähnliche Zusammenschlüsse, die sich auch damals in persönliche, gesellschaftliche und tertiäre Netzwerke untergliederten. Im Hinblick auf die Crowd spielen die sozialen Netzwerke jedoch grundsätzlich eine wichtige Rolle, denn mittlerweile sind die Grenzen zwischen den genannten Sektoren fließend. Heutzutage wird auch die „virtuelle Bevölkerung“ als eine Gesellschaft angesehen, die sich in der Entwicklung des Web 2.0 herausgebildet hat. Die sozialen Bindungen, die früher über persönliche Kontakte gepflegt wurden, bestehen nun zu einem großen Teil über das Internet.
Auch die „Crowd“ ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Im Grunde handelt es sich hier um die Nutzer, um die große Gruppe, die innovativ, spendabel, neugierig und kreativ ist. Bei der Crowd geht es um viele Individuen, bei der jeder persönlich seinen Beitrag zu einem großen und gemeinsamen Ziel hinzugeben kann. Es kann sich jedoch auch lediglich um Zuschauer handeln, die gemeinsam einer Person „folgen“. Hier wird die gegenseitige Beeinflussung zwischen der Crowd und den sozialen Netzwerken erkennbar. Denn um die Ziele der Masse erreichen zu können, müssen sie sich auf Plattformen organisieren. Personen, die jene Gruppen befragen oder in einer anderen Weise in Anspruch nehmen möchten, können via Facebook und Co. diese auf dem schnellsten Weg erreichen.
In der Soziologie sind die Begriffe Menge und Masse voneinander zu differenzieren. Zwar handelt es bei beiden Arten um eine Gruppe, allerdings sind diese aufgrund unterschiedlicher Aspekte zu unterscheiden. Eine Menge bezeichnet eine bestimmte Sammlung von Individuen, die sich zwar in bestimmten Formen gegenseitig beeinflussen, allerdings aufgrund von fehlender Aktivität, Interaktion oder Werte voneinander zu trennen sind. Kommt jedoch eine (Inter)Aktion, ein gemeinsames Ziel oder eine ähnlich liegende Verbindung hinzu, so wandelt sich die Menge in eine Masse. Der Hintergrund einer Masse ist also eine direkte oder indirekte Verbindung, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Das gemeinsame soziale Handeln ist demnach ein Kriterium, das die Masse von der Menge unterscheidet. Dabei wird die Masse häufig in einem negativen Kontext verwendet. Denn in der europäischen Geschichte wird diese oft mit Revolution oder Machtübernahme charakterisiert. Jene Furcht erläutert Dr. Stefanie Middendorf in folgendem Aufsatz näher.
2. Die sozialen Netzwerke – die größte Entwicklung seit der industriellen Revolution?
Der Reutlinger General-Anzeiger definiert drei Revolutionen, die die europäische Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten entscheidend charakterisiert und verändert haben. Zum einen die Erfindung der Dampfmaschine, die als Auslöser für die industrielle Revolution anzusehen ist. Des Weiteren ist die Elektrifizierung zu nennen, welche in der Aufzählung von Autor Ralf Grabowski die zweite Revolution darstellt. Das schnelle Ausbreiten der sozialen Netzwerke bezeichnet er schließlich als die dritte Revolution, die den Alltag des Menschen nachhaltig prägte.
Clowdthinkn datiert den Ursprung der Portale auf das Jahr 1994, als sich ein Vorläufer namens GeoCities gründete. Kurze Zeit später folgte theGlobe.com, eine Seite, auf der Nutzer eigene Inhalte veröffentlichen und sich mit anderen Gleichgesinnten austauschen konnten.
a. Crowdfunding
Hier handelt es sich um eine innovative Form der Finanzierung, bei der eine große Anzahl an Menschen jeweils einen kleinen Betrag spendet, um auf diese Weise gemeinsam ein Projekt zu unterstützen. Vereine, Einrichtungen und Träger können auf den Plattformen Initiativen eintragen, die dann an die Crowd weitergeleitet werden. Sagen Projekte den potentiellen Geldgebern zu, so können diese bereits durch eine kleine Spende das Projekt mit finanzieren. Auch in der Region gibt es solche Crowdfunding-Plattformen. „Die Plattform ist eine Ergänzung der bisherigen Instrumente, um unsere Region zu fördern. Die Unterstützung kommt Projekten in unmittelbarer Nachbarschaft zugute. Gemeinsam mit den Menschen der Region möchten wir so Vereine und gemeinnützige Initiativen stärken. Das ist etwas, was uns seit jeher antreibt.“ Dies bekräftigt der Vorstandsvorsitzende der VR Bank HessenLand eG, die als initiatives Unternehmen der regional ansässigen Plattform www.fördern-aus-überzeugung.de fungiert.
b. Crowdinvesting
Besonders Start-Up-Unternehmen nutzen diese Form, um die „Early-Stage-Gap“ schließen zu können. Diese Finanzierungslücke in der Gründungszeit stellt viele Jungunternehmer auf eine harte Probe. Das Crowdinvesting bietet hier einen Ausweg, schließlich stehen nicht immer die Sicherheiten zur Verfügung, um sich bei der Bank einen Kredit auszahlen zu lassen. Dabei setzt sich die Summe, die ein Start-Up erhält, aus der Gesamtheit aller Investorengelder zusammen. Diese werden zumeist über Massenmedien oder soziale Netzwerke gesucht. Finden sich auf diese Weise Geldgeber, werden sie über die Projekte informiert und können im Anschluss entscheiden, ob die Idee eine Zukunft hat und ob sie sich an dem Unternehmen beteiligen möchten. Seit 2011 hat sich das Kapitalaufkommen um beinahe ein Hundertfaches vergrößert. Allein im ersten Quartal von 2015 wurden auf diese Weise rund 40 Millionen Euro investiert. Dies ist einer Datenerhebung der Statista GmbH zu entnehmen.
Der Ursprung des Crowinvestings liegt in den Vereinigten Staaten. Während zu Beginn das Spendenaufkommen noch klein war, hat sich dies besonders seit 2012 drastisch erhöht. Erkennbar ist dies auch an den vielen Plattformen, die sich in den vergangenen Jahren alleine in Deutschland etabliert haben.Deutsche-Startups.de vergleicht die sechs bekanntesten und gefragtesten Portale. Den Startschuss dabei machen die Anbieter Innovestment sowie Seedmatch, welche den zukünftigen Trend erkannten und bereits 2011 dieses alternative Finanzierungsmodell anboten. Erkennbar ist wieder die Organisation über das Internet. Plattformen ermöglichen die Kommunikation und den Kontakt zwischen den unterschiedlichen Akteuren. Dies ist erneut ein Indikator im Hinblick auf die eingangs gestellte Forschungsfrage.
c. Crowd Birthing
d. Crowdsourcing
Beim Crowdsourcing geht es darum, die Expertise der Masse für eigene Projekte zu nutzen. Ziel ist es, sich von der Crowd Vorschläge und Ideen zu holen, die dann umgesetzt werden können. Ferner ist es möglich, neue Produkte zu gestalten, Forschungsbereiche auszulagern oder andere Aufgaben durch die Internetgemeinde erledigen zu lassen. Dabei spielt die Komplexität des Anliegens kaum eine Rolle, denn aufgrund der Größe der Crowd ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich ein Experte findet, der sich dem Problem oder der Tätigkeit annimmt. Außerdem sind auch Informationen einzelner Beteiligter hilfreich, wenn diese in ein Gesamtgefüge zusammengesetzt werden. In diesem Blogartikel wird das Potential des Crowdsourcing besonders im Hinblick auf den gesellschaftlichen Nutzen beschrieben. Ein gutes Beispiel, das dieses offenlegt, ist die Reaktion auf das Erdbeben in Nepal.
e. Crowdtesting
Durch diese Praktik können Hersteller überprüfen, ob ihre Produkte für den Markt geeignet sind. So ist es etabliert, dass sich Herausgeber von Apps zunächst bei der Crowd darüber erkundigen, ob das Programm bei der entsprechenden Zielgruppe gut ankommt oder nicht. Die Masse testet diese Anwendungen schließlich vorwiegend auf deren Usability, also die Handhabung. Auch in diesem Fall geht es also um die Schwarmintelligenz der Masse, die durch Feedback der endgültigen Version ihren Stempel aufdrücken kann. Dabei handelt es sich jedoch nicht ausschließlich um Apps, sondern auch Websites und Softwares werden auf ihre Benutzerfreundlichkeit und auf die Funktionalität geprüft. Am Beispiel eines Onlineshops hieße das, dass jeder Proband bestimmte Produkte kauft und anhand dieser Tests festgestellt wird, ob die Anwendung den Wünschen entsprechend funktioniert. Webmagazin.de beschreibt diese Vorgehensweise bei der Programmierung und der Benutzerfreundlichkeit von Software genauer.
4. Potential der Crowd
Die genannten Beispiele offenbaren die Macht und das Potential der Crowd. Es besteht die Möglichkeit, über die sozialen Netzwerke eine riesige Masse an Gleichgesinnten zu erreichen und auch zu mobilisieren. Doch dies hat nicht nur positive Aspekte. Wutbürger können sich einfacher vernetzen und sich somit auch besser organisieren. Nichtsdestotrotz bietet die Crowd gerade für Innovationen großen Spielraum. Denn so ist es möglich, neue Ideen zu verwirklichen. Die meist junge und aufgeschlossene Internetgemeinde kann Kampagnen und Projekte unterstützen und damit Start-Up Unternehmen die anfängliche Finanzierungslücke abnehmen. Ferner liefert die Crowd Ideen und Feedback, welches bei der Planung und Programmierung neuer Software von Bedeutung ist. Das Crowdfunding sowie das Crowdsourcing hat zudem in der Filmbranche Einzug gehalten. So gibt es Initiativen, die alternative Filmideen durch kleine Spenden vieler Fans zu verwirklichen versuchen. Ferner hat das Crowdsourcing und Crowdfunding noch einen anderen erheblichen Vorteil, schließlich fühlen sich die Nutzer mit dem Produkt verbunden. Diese werben also zusätzlich dafür, entwickeln sich bestenfalls sogar zu Stammkunden des Start-Up Unternehmens und helfen somit bei der Etablierung auf dem Markt. Beim Crowdinvesting ist das ohnehin der Fall, denn in dieser Situation haben die Spender gewisse Anteile des Unternehmens erworben. Neue Ideen oder Produkte können so leichter finanziert werden, denn hinter der Spendergemeinschaft stehen beim Crowdinvesting meist wohlhabende und risikobereite Personen, die durchaus bereit sind, das Unternehmen, sofern die Ideen zukunftsweisend und erfolgsversprechend sind, erneut zu unterstützen.
5. Fazit
Die enge Verbindung hinsichtlich der Social Media und der Crowd wurde bereits mehrfach erläutert. Als Portale zur Mobilisierung, Publizierung und Kommunikation innerhalb der Masse haben die Netzwerke mittlerweile einen unersetzbaren Stellenwert eingenommen. Welchen Einfluss haben die sozialen Netzwerke auf die Mobilisierung und den Einfluss einer Crowd? Das ist die Kernfrage dieses Essays. Die Antwort wurde bereits hinlänglich erörtert, denn ohne diese Netzwerke wäre das gesamte Konzept der Crowd nicht in diesem Maße möglich. Der Komfort dieser Webseiten ist für die Unternehmen unerlässlich. Nahezu jeder nutzt die virtuellen Welten, um für sich selbst, seine Produkte oder seine Vorstellungen Werbung machen zu können. Auf diese Weise erreicht der Markt die Crowd und über diesen Kanal antwortet diese. Je mehr „Follower“ eine Person, ein Unternehmen oder eine Initiative dabei hat, desto erfolgreicher sind die Vorhaben. Denn nur auf diese Weise lassen sich die meisten Personen mit dem geringsten Aufwand erreichen. Die Zukunft wird sich immer mehr in Richtung Facebook, Xing und Co. entwickeln. Herkömmliche Homepages werden zunehmend unwichtiger, stattdessen findet das virtuelle Leben hauptsächlich auf diesen sozialen Plattformen statt.
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